Stärkung der sozialen Nachhaltigkeit in Lieferketten

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Während die Diskussionen um die PPWR im Mittelpunkt stehen, haben sich in den letzten Wochen zwei wichtige EU-Rechtsvorschriften unaufhaltsam weiterentwickelt, die tiefgreifende Auswirkungen auf globale Lieferketten haben werden. Am 24. April 2024 billigte das Europäische Parlament den Entwurf der EU-Zwangsarbeitsverordnung und verabschiedete die neu ausgehandelte Fassung der „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD). Diese neuen Gesetze signalisieren einen klaren Schritt hin zu mehr sozialer Nachhaltigkeit in den Lieferketten und zu einem stärkeren Engagement der Unternehmen für ethische Praktiken. Sie werden nicht nur die Art und Weise verändern, wie Unternehmen Geschäfte machen, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Umweltschutzes weltweit leisten können.

 

Entwurf der EU Forced Labour Regulation

Am 24.04.2024 billigte das Europäische Parlament den “Proposal for a Regulation on prohibiting products made with forced labour on the Union market” (COM/2022/0453). Der Verhandlungsentwurf sieht vor, Produkte, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, vom EU-Markt zu verbannen. Diese Regulierung steht in einer Linie mit dem Modern Slavery Act in UK, dem Forced and Child Labour Act in Kanada und dem Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) in den USA.

  • Der Entwurf muss jetzt noch die endgültige förmliche Genehmigung durch den EU-Rat erhalten. Berichten zufolge wird dies voraussichtlich nach den EU-Wahlen im Juni, im Laufe des dritten Quartals geschehen. Die Verordnung wird dann im Amtsblatt veröffentlicht werden. Die Verordnung wird drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten, im Jahr 2027, wirksam.
  • Die neue Verordnung würde einen Rahmen für die Durchsetzung eines Verbots schaffen, unter anderem durch Due Diligence Untersuchungen, neue IT-Lösungen und die länderübergreifende Zusammenarbeit von Behörden. Gemäß dem vereinbarten Text werden die nationalen Behörden oder, wenn Drittländer beteiligt sind, die EU-Kommission den Verdacht auf Zwangsarbeit in den Lieferketten der Unternehmen untersuchen.
  • Kommt die Untersuchung zu dem Schluss, dass Zwangsarbeit eingesetzt wurde, können die Behörden verlangen, dass die betreffenden Waren vom EU-Markt und von Online-Marktplätzen zurückgezogen und an den Grenzen beschlagnahmt Die Waren müssen dann gespendet, recycelt oder vernichtet werden. Sobald die Unternehmen Zwangsarbeit aus ihren Lieferketten eliminiert haben, können die Produkte wieder auf den Markt gebracht werden.
  • Unternehmen, die sich nicht an die Vorschriften halten, können mit einer Geldstrafe belegt werden.
  • Waren von strategischer oder kritischer Bedeutung für die Union können so lange zurückgehalten werden, bis das Unternehmen die Zwangsarbeit aus seinen Lieferketten verbannt.
  • Hochrisikogüter und -bereiche: Auf Drängen des Parlaments wird die Kommission eine Liste mit bestimmten Wirtschaftszweigen in bestimmten geografischen Gebieten erstellen, in denen es staatlich verordnete Zwangsarbeit gibt. Dies wird dann ein Kriterium sein, um zu beurteilen, ob eine Untersuchung eingeleitet werden muss. Die Kommission kann auch Produkte oder Produktgruppen bestimmen, für die Importeure und Exporteure dem EU-Zoll zusätzliche Angaben machen müssen.

 

CSDDD nimmt weitere Hürde

Das Europäische Parlament hat am 24. April 2024 die neu verhandelte Fassung der vorgeschlagenen Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD, auch CS3D genannt) angenommen. Bereits am 15. März 2024 hatte der Europäische Rat den Kompromiss-Text der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (hier als pdf) gebilligt.

  • Die Richtlinie muss nun noch vom Rat formell gebilligt, unterzeichnet und im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Sie wird zwanzig Tage später in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, um die neuen Vorschriften in ihr nationales Recht umzusetzen. Für Deutschland würde dies durch eine Anpassung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erfolgen.
  • Die neuen Vorschriften werden mit Ausnahme der Mitteilungspflichten schrittweise für EU-Unternehmen und Nicht-EU-Unternehmen, die in der EU die gleichen Umsatzschwellen erreichen, gelten:
    • ab 2027 für Unternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von mehr als 1500 Millionen Euro
    • ab 2028 für Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von 900 Millionen Euro
    • ab 2029 für alle übrigen Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen (einschließlich Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro)

Kern der Direktive:  Unternehmen und ihre vor- sowie nachgelagerten Partner einschließlich der Zulieferer, der Produktion und des Vertriebs werden dazu verpflichten, ihre negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu verhindern, zu beenden oder abzumildern. Zu diesen Auswirkungen gehören Sklaverei, Kinderarbeit, Ausbeutung von Arbeitskräften, Verlust der biologischen Vielfalt, Umweltverschmutzung oder Zerstörung des Naturerbes.

Risikobasierter Ansatz und Übergangsplan: Die Unternehmen müssen die Sorgfaltspflicht in ihr unternehmerisches Handeln einbeziehen, entsprechende Investitionen tätigen, vertragliche Zusicherungen von ihren Partnern einholen, ihren Geschäftsplan verbessern sowie kleine und mittlere Geschäftspartner unterstützen, um sicherzustellen, dass sie die neuen Verpflichtungen erfüllen. Außerdem müssen die Unternehmen einen Übergangsplan verabschieden, um ihr Geschäftsmodell mit der im Pariser Abkommen festgelegten Obergrenze für die globale Erwärmung von 1,5 °C in Einklang zu bringen.


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