In unserem Überblick zu den neuesten Entwicklungen der nationalen und europäischen Regulierer informieren wir Sie dieses Mal über Chancen, Hintergründe und die öffentliche Konsultation des Circular Economy Act, geben einen Überblick zum Status der EPR-Systeme in Europa und zur Revision der EU-Waste Framework Directive, informieren über die Veröffentlichung der Ausgabe 2025 des Mindeststandards zur Bemessung des recyclinggerechten Designs von Verpackungen durch die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) sowie neueste Entwicklungen zur Green Claims Directive und die in der Schweiz geplante umfassende Verpackungsreform. Außerdem stellen wir die neue PCR-Modulation vor, die Frankreich eingeführt hat.
Circular Economy Act – Chancen, Hintergründe & öffentliche Konsultation
Aktuell laufen die Vorbereitungen für den Circular Economy Act (CEA). Er soll Investitionen in Recyclingkapazitäten fördern und Defizite im Abfallmanagement beheben. Wichtige Punkte sind die Vereinheitlichung der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) und die Harmonisierung nationaler EPR-Systeme. Außerdem soll der CEA sicherstellen, dass die gezahlten Gebühren in Recycling und Infrastruktur reinvestiert werden.
Strategische Bedeutung
Der geplante Circular Economy Act soll den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft in der EU beschleunigen und bis 2030 zu einer Verdoppelung der europäischen Kreislaufrate führen. Global betrachtet soll der CEA die führende Rolle der EU bei Kreislaufmodellen manifestieren.
Einheitlicher Binnenmarkt für Sekundärrohstoffe
Ziel des CEA ist die Schaffung eines echten gemeinschaftlichen Marktes für hochwertige recycelte Materialien. Damit soll das Angebot gesteigert, die Nachfrage angekurbelt und Europa unabhängiger von Importen insbesondere kritischer Rohstoffe gemacht werden.
Politische Unterstützung
Zu den wichtigsten Impulsen von politischer Seite gehören unter anderem die Empfehlungen aus dem Letta‑ und Draghi‑Bericht, die Antwerp Declaration, die Budapest Declaration des EU‑Rats sowie die positive Positionierung des Europäische Parlaments.
Herausforderungen der bisherigen Kreislaufrate
Zwischen 2010 und 2023 stieg die Kreislaufrate der EU lediglich von 10,7 auf 11,8 Prozent. Der CEA soll das ändern, indem regulatorische Fragmentierung, unattraktive Preise für Sekundärrohstoffe und fehlende Transparenz überwunden werden
Lösungsansätze
Der Akt strebt an, die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR Systeme) europaweit zu harmonisieren, die Abfallwirtschaft zu modernisieren (inklusive Waste of Electrical and Electronic Equipment (WEEE) sowie Abfallrahmenrichtlinie), das Mainstreaming von Recycling zu fördern und digitale Tools zur Berichterstattung und Nachverfolgbarkeit einzuführen.
Öffentliche Konsultation
Am 1. August 2025 hat die Europäische Kommission eine öffentliche Konsultation und einen Call for Evidence zum Circular Economy Act gestartet. Dabei sind Unternehmen, NGOs, Behörden sowie die interessierte Öffentlichkeit gefragt, ihre Erfahrungen, Ideen und Evidenzen einzubringen.
- Der Fragebogen deckt etwa 30 zentrale Themenfelder ab – von e‑Abfall über Geschäftsmodelle bis hin zu Rohstoffangebot und -nachfrage
- Die Konsultation läuft bis zum November 2025.
- Die Teilnahme ist über das “Have Your Say”-Onlineportal der EU‑Kommission möglich.
Green Claims Directive – Trotz angekündigtem Rückzug noch im Spiel
Ziel der Green Claims Directive war beziehungsweise ist es, Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführenden Umweltversprechen zu schützen. Geschehen soll das durch eine unabhängige Prüfung von Aussagen wie „klimaneutral“ oder „recycelbar“.
Vorgeschichte
Das Parlament (März 2024) und der Rat (Juni 2024) der EU hatten Positionen beschlossen, mit denen man in die Trilog-Verhandlungen ging, die von Januar bis Juni 2025 liefen. Die finalen Verhandlungen wurden dann jedoch eingestellt.
Politische Kontroverse
Am 20. Juni 2025 kündigte die Kommission an, den Vorschlag zur Direktive zurückziehen. Ausschlaggebend war starker Druck von konservativen Kräften und Kritik an einer Überlastung von KMUs durch die Direktive. Ein formeller Rückzug wurde jedoch nie vollzogen.
Aktueller Status
Das Verfahren ist damit in einem Schwebezustand aber potenziell noch aktiv. Ein Kompromiss – insbesondere mit Ausnahmen für Kleine und Mikrounternehmen – könnte die Grundlage für eine Wiederaufnahme der Gespräche bilden.
Wichtig!
Das EU-Gesetzgebungspaket gegen Greenwashing beinhalten zwei ineinandergreifende Regelwerke. Neben der Green Claims Directive gehört dazu auch die EmpCo-Richtlinie („Empowering consumers for the green transition“). Unabhängig vom aktuellen Status der Green Claims Directive gilt die EmpCo und tritt ab September 2026 in Kraft! Alle Unternehmen sollten ihre Nachhaltigkeitskommunikation auf möglicherweise dann verbotene Inhalte prüfen. Das gilt sowohl onpack als auch auf Webseiten etc.
Status der EPR-Systeme in Europa – Ein Überblick
Die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) ist ein zentrales Instrument, um die Sammlung, Sortierung und das Recycling von Verpackungen zu fördern. Unser kompakter Überblick an dieser Stelle ist ein Aperitif. In der nächsten Ausgabe unseres BP Consultants Newsletter beschäftigen wir uns ausführlicher mit allen EPR-Systemen.
Fragmentierte Landschaft
Derzeit existieren in den 27 EU-Mitgliedstaaten zahlreiche, teils sehr unterschiedliche EPR-Modelle. Unterschiede gibt es unter anderem bei den Gebühren, den erfassten Materialien und den Verantwortlichkeiten der Beteiligten.
Status
Laut der EU-Kommission drohen 10 Mitgliedstaaten das Recyclingziel von 65 Prozent bis 2025 zu verfehlen. Gleichzeitig laufen Vertragsverletzungsverfahren gegen alle 27 Staaten, um die Einhaltung der EU-Vorgaben zu erzwingen.
Neues Tool
Ein interaktives EUROPEN-Online-Tool bietet erstmals einen Überblick über die aktuellen EPR-Systeme in allen Mitgliedstaaten und zeigt Unterschiede bei Stakeholdern, Transparenz und Funktionsweisen auf.
Fazit
Harmonisierung und Investitionen in Infrastruktur sind entscheidend, um Europa auf Kurs Richtung Kreislaufwirtschaft zu bringen. Der geplante Circular Economy Act bietet die Chance, dafür die Grundlagen zu schaffen.
Schweiz plant umfassende Verpackungsreform (VerpV)
Wird das die PPWR in Schweizerisch? Der Bundesrat der Eidgenossenschaft hat die Verpackungsverordnung (VerpV) in die Konsultation geschickt. Das Ziel ist es, die Kreislaufwirtschaft zu stärken und die Umweltbelastung durch Verpackungen über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu senken. Noch ist es ein Entwurf. Es erinnert aber sehr an eine abgespeckte PPWR.
Allgemeine Anforderungen an Verpackungen (Art. 3)
Hersteller und Händler müssen sicherstellen, dass Verpackungen
- minimal dimensioniert sind (Volumen und Masse),
- recyclinggerecht gestaltet sind (sodass keine technischen Probleme oder hohe Kosten bei Sammlung und Recycling entstehen) und
- einen möglichst hohen Anteil an Rezyklaten enthalten.
Flexible Kunststoffverpackungen – Rücknahme und Verwertung (Art. 4-6)
Für Einwegverpackungen aus Kunststoff (z. B. flexible Folienverpackungen) soll gelten:
- Rücknahmepflicht ab 2028, wenn keine Branchenlösung besteht.
- Die Rücknahme muss während der gesamten Öffnungszeiten erfolgen.
- Die Verpackungen müssen stofflich verwertet werden, soweit dies technisch möglich ist.
- Hinweispflicht in Verkaufsstellen auf die Rücknahmemöglichkeit.
- Verwertungsquote: mindestens 55 Prozent.
- Bei Nichterreichen sollen eine Pfandpflicht oder vorgezogene Entsorgungsgebühr möglich werden.
Mitteilungspflichten (Art. 21-22)
Hersteller von Produkten in Einwegverpackungen (die keine Getränkeverpackungen sind) müssen jährlich folgende Daten melden:
- Die verwendeten Verpackungsmaterialien (nach Gewicht)
- Bei Verpackungen aus Kunststoff müssen dazu die verwendeten Polymerarten gemeldet werden (PET, PE, PP, PS, PVC).
- Verwertungsdaten (zurückgenommenes und verwertetes Gewicht).
- Beide Anforderungen gelten nur für Unternehmen mit einem Umsatz oder einer Lohnsumme von über 1 Mio. CHF und die nicht einer Gebührenpflicht für Verpackungen aus Glas gemäß Art. 7 unterliegen.
Zeitplan für das Inkrafttreten
- Januar 2027: Allgemeines Inkrafttreten.
- Januar 2028: Rücknahmepflicht für Kunststoffverpackungen.
- Januar 2029: Mitteilungspflicht für übrige Einwegverpackungen.
ZSVR veröffentlicht Ausgabe 2025 des Mindeststandards
Die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) hat die Ausgabe 2025 des Mindeststandards zur Bemessung des recyclinggerechten Designs von Verpackungen veröffentlicht.
- Die Methodik zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen bleibt im neuen Mindeststandard unverändert.
- Um Unternehmen frühzeitig auf die neuen Anforderungen der Europäischen Verpackungsverordnung (PPWR) vorzubereiten, wurde der Mindeststandard neu strukturiert und die künftige Regelungssystematik der PPWR integriert.
- Daran orientiert werden die Verpackungskategorien in den Vordergrund gerückt – geordnet nach dem vorherrschenden Material des Hauptverpackungsbestandteils.
- Alle relevanten Informationen zur Bemessung einer recyclinggerechten Verpackung finden sich nun gebündelt in Anhang 2.
Die aktuelle Ausgabe des Mindeststandards 2025 zur Bemessung des recyclinggerechten Designs von Verpackungen sowie begleitende praxisnahe Hilfestellungen stehen hier zum Download bereit (pdf).
Frankreich führt PCR-Modulation ein
Am 5. September 2025 hat die französische Regierung nach monatelanger Unsicherheit das lange erwartete Arrêté zur PCR-Modulation veröffentlicht. Es tritt am 1. Januar 2026 in Kraft und soll die Verwendung von PCR-Materialien unterstützen. Frankreich setzt damit ein starkes Signal für mehr Kreislaufwirtschaft und lokalisierte Wertschöpfung im Kunststoffrecycling.
Anwendungsbereich
Betroffen sind unter anderem Verpackungen, Druckerzeugnisse, Möbel, Elektrogeräte, Sport- und Freizeitartikel, Garten- und DIY-Produkte sowie Spielzeug.
Folgen
Produzenten können sich differenzierte Beiträge als Bonus auf ihre EPR-Gebühren anrechnen lassen, die von Menge und Herkunft des eingesetzten Rezyklats abhängen.
Finanzielle Anreize
- 450 €/t für Rezyklat aus einem anderen EPR-Strom
- 550 €/t für Rezyklat aus demselben Strom
- 1.000 €/t für schwer recycelbare Kunststoffe in Lebensmittelverpackungen
Getränkeflaschen
Für Getränkeflaschen gelten Mindestquoten
- bei PET: 25 Prozent PET bis Ende 2029 und 30 Prozent ab 2030
- bei HDPE: 30 Prozent ab 2030 (was den PPWR-Zielen widerspricht)
Lokalisierung & Grenzen
- Alle Stufen von Sammlung über Sortierung und Recycling bis hin zum Einsatz müssen im Umkreis von 1.500 km um das geografische ZentrumFrankreichs und innerhalb der EU erfolgen.
- Erfasst sind Nachbarländer wie Deutschland, Italien oder Spanien. Ausgeschlossen sind beispielsweise die baltischen Staaten oder Zypern.
Ausschlüsse & Sanktionen
Es wird keinen Bonus geben
- für PVC-Rezyklat,
- bei Recyclingquoten unter 50 Prozent oder
- wenn störende Substanzen enthalten sind.
Status der Revision der EU-Waste Framework Directive
Am 09. September 2025 hat das Europäische Parlament dem vorliegendem Entwurf der Waste Framework Directive zugestimmt. Ziel der EU-Waste Framework Directive ist die Unterstützung der Kreislaufwirtschaft durch bessere Rückverfolgbarkeit, klare Abgrenzung und stärkere Ressourcenausrichtung.
Schlüsselinhalte
- Die Grundbegriffe „Abfall“, „Nebenprodukt“ und „Ende der Abfalleigenschaft“ bleiben bestehen – mit klaren rechtlichen Kriterien.
- Die Revision nutzt die Gelegenheit, Definitionen präziser zu fassen und neue Konzepte wie „chain of custody mass balance“ einzuführen.
- Abfallreduzierung bei Lebensmitteln: Für 2030 wurden erstmals verbindliche Ziele festgelegt (jeweils im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 2021–2023):
- 10 Prozent im Bereich Verarbeitung und Herstellung
- 30 Prozent pro Kopf in Einzelhandel, Gastronomie und privaten Haushalten
- EPR‑Regelungen für Textilien: Hersteller von Textilien und Schuhen müssen künftig Gebühren zahlen, um Sammlung, Sortierung und Recycling ihrer Produkte zu finanzieren. Die Beiträge werden auf Grundlage der Nachhaltigkeit und Lebensdauer der Produkte moduliert (Eco‑Modulation).
- Mikrounternehmen profitieren: Kleine Betriebe mit weniger als 10 Mitarbeitenden erhalten zusätzlich 12 Monate Zeit zur Umsetzung, insgesamt also bis zu 3,5 Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie.
Weitere Schritte
- Die vorläufige Einigung muss noch formell durch Parlament und Rat bestätigt werden, bevor sie in Kraft treten kann.
- Die Plenarabstimmung wurde auf Oktober 2025 verschoben und wird damit deutlich später stattfinden als ursprünglich geplant.
- Nach der Verabschiedung haben die Mitgliedstaaten 20 Monate Zeit, die Regelungen in nationales Recht zu überführen.