Viele Unternehmen scheuen Mehrkosten, um ihre Verpackungen nachhaltiger zu machen. Dabei zeigen inzwischen zahlreiche Studien, dass Verbraucher bereit sind, mehr für nachhaltige Verpackungen zu bezahlen. Wir haben gerechnet, was dabei für Sie drin ist und welche Szenarien dafür sorgen können, dass sich nachhaltige Verpackungen selber nähren. Es geht um viel, denn der Druck zu mehr Nachhaltigkeit steigt und es gibt gute Gründe, die nötigen Veränderungen besser früher als später anzugehen.
Der Konsument, seine Geldbörse und Nachhaltigkeit
Schaut man auf die in Umfragen getätigten Absichtsbekundungen, dann achten immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten auf Nachhaltigkeit und sind auch bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen. In den letzten Jahren sind zahlreiche Umfragen und Studien zu diesem Ergebnis gekommen. Vier kurze Ergebnisse seien beispielhaft genannt:
- Bereits 2019 gaben 77% der Befragten in einer Studie des Marktforschungsinstituts Ipsos an, dass sie Produkte kaufen möchten, für die möglichst wenig Verpackungsmaterial verwendet wird.
- Eine Studie von Simon-Kucher & Partners aus dem Jahr 2021 zeigt, dass knapp drei Viertel der Befragten Wert auf eine nachhaltige Verpackung legen.
- Ein weiteres Ergebnis der Studie: 83% sind bereit, für eine nachhaltige Verpackung auch mehr zu zahlen.
- Im Durchschnitt würden die Befragten einen „Nachhaltigkeitsaufpreis“ von immerhin 6,5% für das entsprechend verpackte Produkt akzeptieren.
Nur Krümel oder ein Stück vom Kuchen?
Natürlich gibt es einen „Gap“ zwischen den Willensbekundungen in Umfragen und dem tatsächlichen Kaufverhalten. Trotzdem lassen sich ausgehend von dem genannten „Nachhaltigkeitsaufpreis“ von 6,5% interessante Rechnungen für unterschiedliche Szenarien anstellen.
Interessant werden diese vor allem auch durch die Ergebnisse einer Nachhaltigkeitsstudie von Inverto aus dem Jahr 2020. Laut dieser erwarten satte 95% der befragten Verpackungshersteller, Konsumgüterproduzenten und Händler Mehrkosten bei der Einführung nachhaltiger Verpackungen.
Basis der Zahlenspiele ist, dass sich der Verpackungsanteil des betreffenden Produkts zwischen 5 und 10% des Gesamtpreises bewegt und die genannten 6,5% tatsächlich nur für die Verpackung verwendet werden.
- Im Extremszenario würde das bedeuten, dass für die Verpackung nun fast doppelt so viel Geld zur Verfügung steht. Dabei gilt die Annahme, dass das Produkt bislang 1 Euro kostete und der Verpackungsanteil heute 5-10 Cent entspricht. Der „Nachhaltigkeitsmehrpreis“ von 6 Cent geht demnach komplett an die Verpackung.
- In einem deutlich realistischeren Szenario gehen wir davon aus, dass die Mehrausgaben von rund 6% auf die gesamte Wertschöpfungskette verteilt werden. Auf die Verpackung entfallen nach diesem Szenario zwischen 6 und maximal 25%, also etwa 0,5 bis 1,9 Cent.
Nachhaltige Verpackungen ohne Mehrkosten?
Schon das realistische Szenario kann für die Verpackung eine echte Hausnummer darstellen und ein enorm großer Hebel sein. Denn bei Verpackungen machen oft schon Cents den entscheidenden Unterschied.
Nehmen wir als Beispiel die im Polyproblem-Report der Röchling Stiftung genannte Preisdifferenz von 20-30% zwischen Kunststoff als Neuware und Rezyklat in vergleichbarer Qualität. Decken die Mehreinnahmen des „Nachhaltigkeitsaufschlags“ diese Preisdifferenz, ist die nachhaltigere Verpackung finanziell ein Nullsummenspiel.
Entscheidend für mehr nachhaltige Verpackungen wird sein, dass der Aufpreis, den Kunden für nachhaltigere Verpackungen zu zahlen bereit sind, auch tatsächlich bei den relevanten Verpackungsunternehmen ankommt. Die Mehreinnahmen durch den höheren Verkaufspreis des Produkts dürfen auf ihrem Weg durch die Wertschöpfungskette nicht durch andere Stakeholder abgeschöpft werden.
Das zusätzlich eingenommene Geld muss tatsächlich in die nachhaltige Optimierung und Anpassung der Verpackungen investiert werden. Wird es dagegen als Gewinn von anderen Stakeholdern der Kette einbehalten, wird das weitere Innovationen im Bereich nachhaltiger Verpackungen spürbar ausbremsen.
Besser früher als später investieren
Konsumentinnen und Konsumenten üben genau wie die Regulierer stetig wachsenden Druck auf die Verpackung aus. Alle erwarten mehr Nachhaltigkeit. Die Anforderungen an Materialeigenschaften steigen, Quoten für den Einsatz von Rezyklat werden festgesetzt, Kreislauffähigkeit ist ohne Alternative, Auswege gibt es nicht.
Daher ist es für Unternehmen besser, früh zu reagieren und auf nachhaltige Verpackungen umzusteigen. Die Alternative ist, von Schwierigkeiten durch regulatorische oder nachfragebedingte Entwicklungen kalt erwischt zu werden. Guter Rat ist dann, falls überhaupt möglich, noch teurer.
Wünschenswert wäre, dass die Politik bereit ist, wichtige Mittel für die Forschung bereitzustellen. Sollte beispielsweise Rezyklat billiger werden als Neuware, dann findet das Umdenken bei Verpackungsherstellern quasi von selbst statt.