Mars setzt auf Rezyklat aus chemischem Recycling. Ist das der Königsweg?

Image source: Kindsnacks

Der US-Nahrungsmittelkonzern Mars setzt für die flexiblen Verpackungen seiner Snackriegel-Marke „Kind“ auf den Einsatz von Rezyklat, das aus chemischem Recycling stammt. Das zu zertifiziertem Polypropylen (PP) aufbereitete Rezyklat stammt aus minderwertigen gebrauchten Mischkunststoffen aus Verpackungsabfällen. Damit geht Mars einen Schritt hin zu seinem Ziel, bis 2025 durchschnittlich 30 Prozent Rezyklat in seinen Verpackungen einzusetzen. Dass man dafür auf chemisches Recycling setzt, ist bezeichnend. Denn aus ökologischer Sicht gibt es hier durchaus Fragezeichen. Die Qualität des mechanischen Recyclings liefert bei Mischabfällen jedoch nicht die nötige Lebensmittelqualität. Es ist ein Dilemma – aber der Druck der eigenen Nachhaltigkeitsziele ist übermächtig.

 

Projektpartner: Mars, Landbell, Sabic

  • Das verwendete Rezyklat aus dem Pyrolyseverfahren ist das Ergebnis eines gemeinschaftlichen Projekts von Mars Landbell und Sabic, die sich Ende 2020 zu einem „innovativen Recycling-Projekt“ zusammengeschlossen hatten.
  • Der deutsche Umwelt- und Entsorgungsspezialisten Landbell zeichnete für die Sammlung der gebrachten Verpackungen verantwortlich, die danach vom saudi-arabischer Chemie-Konzern Sabic zu zertifiziertem Polypropylen (PP) aufbereitet wurden.
  • Die Beteiligten sprechen von einer wegweisenden gemeinsamen Initiative führender Unternehmen verschiedener Branchen.

 

Kreisläufe schließen

Das ausgewiesene Ziel der Projektpartnerschafft war (und ist) es, schwer zu recycelnde Kunststoffverpackungen aus der Gelben Tonne, die im mechanischen Recycling nur verbrannt oder minderwertig recycelt werden können, durch chemisches Recycling in Lebensmittelverpackungen zurückzuführen. Man spricht von einem „hochwertigen Kreislauf“.

 

Das Rezyklat – und seine Herstellung

Das zertifizierte Rezyklat besitzt Lebensmittelqualität. Nach Unternehmensangaben wird es durch das das sogenannte Pyrolyse-Verfahren aus minderwertigen, gebrauchten Mischkunststoffen aus Verpackungsabfällen gewonnen.

  • Im Pyrolyse-Verfahren kann gebrauchter Mischkunststoff auf molekularer Ebene wiederverwertet werden. Dazu wird der Kunststoff in einer sauerstofffreien Umgebung auf sehr hohe Temperaturen von rund 500 Grad Celsius erhitzt und aufgespalten, wodurch Pyrolyseöl entsteht.
  • Sabic verwendet das gewonnene Pyrolyseöl wie einen fossilen Rohstoff. Damit können neue Verpackungen und Produkte erzeugt werden, die nach Unternehmensangaben selbst strengste Qualitätsanforderungen, wie etwa für Lebensmittelverpackungen, erfüllen.

 

Königsweg Chemisches Recycling?

  • Laut Angaben der deutschen IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. planen die europäischen Kunststofferzeuger bis 2030 rund 7,2 Milliarden Euro in das chemische Recycling zu investieren. Mit diesem Kraftakt sollen möglichst viele marktgängige Verfahren etabliert werden, die das klassische mechanische Recycling ergänzen.
  • Das große Ziel ist laut IK eine effizientere Verwertung von Plastikabfällen und eine engmaschigere Kreislaufführung von Kunststoffen.

 

Knackpunkt Lebensmittelkontakt

Benötigt wird das Rezyklat vor allem auch für die Verwendung in Verpackungen mit Lebensmittelkontakt. Denn mechanische Recyclingverfahren sind nicht in der Lage, aus den Mischkunststoffen gebrauchter Verpackungen der haushaltsnahen Sammlung Rezyklat herzustellen, dass die benötigten Hygiene- und Qualitätsanforderungen erfüllt.

 

Das Öko-Dilemma

Das sogenannte chemische Recycling ist alles andere als unumstritten. Kritiker weisen nicht zu Unrecht auf den sehr hohen Energieaufwand hin, der für die innovativen Verfahren benötigt wird. Gerade angesichts des aktuellen Fokus auf Klimafragen und Treibhausgasemissionen ist das ein gewichtiger Nachteil.

 

Das Marken-Dilemma

Mars hat sich wie fast alle der großen Markenunternehmen ambitionierte Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele gesetzt. So soll bis 2025 durchschnittlich 30 Prozent des benötigten Kunststoffs aller Mars-Verpackungen aus Rezyklat stammen.

Der Weg zu diesem Ziel ist speziell im Bereich der veredelten Kunststoff-Verpackungen extrem schwierig. Ohne Rezyklat aus dem chemischen Recycling ist das kaum zu schaffen. Aktuell sehen Unternehmen wie Mars keinen anderen Ausweg – auch wenn man dadurch eventuell auf ein Konto einzahlt, was man beim anderen abhebt.


    Sie haben Fragen zu diesem Artikel?






    Thomas Reiner

    Ihr Ansprechpartner

    Thomas Reiner
    0 30 / 367524-0
    info@bp-consultants.de