Selbsteinschätzung unzureichend: Formale ESG-Ratings sind Pflicht

Unsplash | Andreas Gücklhorn

Im letzten Newsletter hatten wir dargelegt, wie dynamisch sich Environmental Social Governance-Ratings (ESG) zu Schlüsselfaktoren für den Geschäftserfolg entwickeln. Heute geben wir Ihnen einen fundierten Einblick in die Ratings, die von Auftraggebern in der Verpackungsindustrie hauptsächlich genutzt und eingefordert werden. Wir erklären Ansätze und Zielgruppen und geben Ihrer Entscheidung eine Basis.

 

Im Rahmen unserer Arbeit für Unternehmen der Verpackungsindustrie stellen wir immer wieder fest, dass es in der DACH-Region durchaus eine fast selbstverständliche, nachhaltige Unternehmenskultur gibt. Mitarbeiter und Umwelt spielen traditionell eine große Rolle, über die oft „gar nicht groß geredet wird“.

Das ist schön – und gut. Aber die Zeiten sind andere geworden. Heute reicht es nicht mehr aus, sich selbst Nachhaltigkeit zu testieren. Formale Ratings, Rankings und Assessments werden verpflichtend eingefordert. Diese Entwicklung ist ohne Umkehr! Der „testierte“ Nachhaltigkeitsbericht verspricht Transparenz bei der Frage, ob der Lieferant oder Zulieferer seine Nachhaltigkeitsrisiken untersucht und erkannt hat und mit welchen Ambitionen er diese adressiert hat.

Der CPO eines internationalen Pharma-Schwergewichts bringt die Sache in einem Brief an einen Lieferanten auf den Punkt: „I am personally requesting that you register on the EcoVadis platform and take the assesment. You will receive a sustainability scorecard from EcoVadis with detailed insights into your strengths along with areas for improvement.”

Das EcoVadis-Rating (oder auch das Sedex-Rating) ist aktuell als Anforderung für Environmental Social Governance (ESG) gesetzt. Darunter geht nichts mehr. Beispielsweise das CDP-Reporting, das zunehmend von der Kür zur Pflicht wird. Oder auch, dass der Nachhaltigkeitsbericht an den Reporting Framework von GRI angelehnt ist.

Was für jedes Nachhaltigkeitsrating gilt: Die Erstellung der dafür notwendigen Managementstrukturen, Strategien (wie z.B. eine Klimastrategie) und Nachweise lässt sich nicht über Nacht leisten. Es bedarf einiger Vorarbeiten, mit denen Sie besser heute als morgen beginnen sollten!

 

Reporting Frameworks und Rankings

Unter dem Begriff ESG-Rating werden gemeinhin sowohl Reporting Frameworks wie GRI, als auch tatsächliche Ratings wie CDP, EcoVadis und SEDEX subsumiert. Im Unterschied zu echten Ratings geben Reporting Frameworks „nur“ eine Struktur vor und legen fest, über welche Aspekte und Faktoren berichtet werden muss.

Was die unterschiedlichen „Nachhaltigkeitsbelege“ auszeichnet und welche für Ihr Unternehmen relevant sind, wollen wir in der Folge aufzeigen.

 

GRI

Der Global Reporting Index (GRI) wurde 1999 eingeführt und ist inzwischen zum globalen Leitmedium der „Volontary Non-Financial Disclosure Reports“ (Nachhaltigkeitsberichte) geworden. Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen und diesen so nennen, sind nicht gesetzlich gezwungen, die GRI-Struktur anzuwenden. Gerade im europäischen oder globalen Wettbewerb ist GRI jedoch inzwischen State of the Art.

 

DNK

Der Leitfaden zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) nimmt eine Ausnahmestellung ein und kommt hauptsächlich für KMUs und die Verwendung innerhalb Deutschlands in Frage. Der DNK erlaubt einen etwas vereinfachten Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung.

 

ECOVADIS

Mit EcoVadis und Sedex haben sich für die Verpackungsindustrie zwei Ratings als Standard herauskristallisiert. Sie werden von Brands entlang der Lieferkette eingefordert.

  • EcoVadis wird ausschließlich im B2B-Geschäft genutzt und zeigt mit seiner Einstufung in Bronze, Silber und Gold wie das Unternehmen in der Umsetzung eines holistischen Nachhaltigkeitsmanagements im Vergleich zu Branchenunternehmen steht. EcoVadis ist keine Zertifizierung!
  • Unternehmen, die sich dem Rating unterziehen, werden in Bezug auf ihre ESG-Leistungen und im Vergleich zu Branchen- und regionalen Benchmarks bewertet. Die Bewertung wird nach Branchenrisiken und Unternehmensgröße angepasst.
  • In der Analyse wendet EcoVadis ein klares Risikomanagementprinzip an. Untersucht wird, ob das Unternehmen
    • Risiken identifiziert und priorisiert,
    • öffentliche Verpflichtungen eingegangen ist,
    • Richtlinien bzw. Politiken erstellt und Implementierungspläne bzw. -strategien inklusive Zielen & KPIs aufgestellt hat,
    • Umsetzungsmaßnahmen durchführt und
    • Monitoring und externes Reporting eingeführt hat.
  • EcoVadis bewertet im Gegensatz zu Sedex alle vier Nachhaltigkeitsthemen (Umwelt, Arbeits- und Menschenrechte, nachhaltiger Einkauf bzw. nachhaltige Lieferkette, Ethik bzw. Compliance) mit dem gleichen Fokus.
  • Als Unternehmen wird man entweder von seinen Kunden aufgefordert sich einem EcoVadis Assessment zu unterziehen oder man tut es freiwillig als Überprüfung und externe Anerkennung seines Nachhaltigkeitsstatus als Unternehmen. Das Assessment besteht aus einem auf die Branche und die Unternehmensgröße zugeschnittenen Fragenbogen.
  • Seit seiner Gründung im Jahr 2007 hat sich EcoVadis zum weltweit größten Anbieter von Nachhaltigkeitsratings für Unternehmen entwickelt und ein globales Netzwerk von mehr als 75.000 bewerteten Unternehmen geschaffen. Der kostenpflichtige Service wurde ursprünglich für Beschaffungsteams von Unternehmen entwickelt, um die ESG-Leistung von Lieferanten bewerten zu können.

Wichtig ist bei EcoVadis, dass man die Bewertungsmechanismen versteht und formale Fallen in Bezug auf Quantität, Qualität und Gestaltung der hochzuladenden Dokumente vermeidet. Denn das gibt Punktabzüge!

 

SEDEX

Das zweite Standardrating für die Verpackungsindustrie ist Sedex.

  • Sedex wurde 2005 mit dem Fokus gegründet, die Arbeitsbedingungen in den globalen Lieferketten zu verbessern. Umweltaspekte und eine stärkere Fokussierung auf notwendige Managementstrukturen wurden dann im Laufe der Zeit hinzugefügt. Daher wird besonders in den Lieferketten der Lebensmittel- und Textilindustrie auf das Sedex-Rating geachtet. In diesen Branchen ist die öffentliche Diskussionen um Arbeitsbedingungen vergleichsweise deutlich früher und stärker in den Fokus geraten.
  • In der Analyse der Unternehmensinformationen legt auch Sedex ein klares Risikomanagementprinzip an. Untersucht wird also auch hier, ob das Unternehmen
    • Risiken identifiziert und priorisiert,
    • öffentliche Verpflichtungen eingegangen ist,
    • Richtlinien bzw. Politiken erstellt und Implementierungspläne bzw. -strategien inklusive Zielen & KPIs aufgestellt hat,
    • Umsetzungsmaßnahmen durchführt und
    • Monitoring und externes Reporting eingeführt hat.
  • Für das Rating „müssen“ Unternehmen Mitglied bei Sedex werden. Sie kaufen also nicht nur einen Service.
  • Auch bei Sedex werden die meisten Unternehmen von Kunden aufgefordert, dieses nachzuweisen. Der Verifizierungsprozess bei Sedex besteht aus zwei Schritten:
    1. über ein Self Assessment Questionaire (SAQ), der zwingend als erster Schritt eingereicht werden muss (diesen Schritt können Unternehmen auch freiwillig machen, ohne dass ein SMETA Audit folgt.)
    2. sowie über ein durch den Kunden angefordertes Audit nach der Sedex Audit Methode SMETA. SMETA enthält jeweils Kriterien für die vier betrachteten Felder Labour, Health and Safety, Environment sowie Business Ethics. Im Gegensatz zu EcoVadis kann ein Unternehmen seine Sedex-Compliance also auch über ein Third-Party Audit darstellen.
  • Im Unterschied zu EcoVadis gibt es bei Sedex keine Ratingabstufung nach Bronze, Silber und Gold. Stattdessen wird ein Score ermittelt, der sich aus der Unternehmensperformance im Vergleich zu den Sedex-Kriterien ergibt.
  • Sedex ist heute eine der weltweit führenden Mitgliedsorganisationen für ethischen Handel und arbeitet mit 60.000 Unternehmen zusammen.

Grundsätzlich werden Sedex und EcoVadis oft gleichwertig angesehen. Wenn also ein Kunde nach Sedex fragt und Sie EcoVadis präsentieren können, wird dies in den meisten Fällen akzeptiert. Aus B+P Consultants Sicht deckt EcoVadis die ESG Themen umfassender ab, nur in Lieferketten mit einem hohen Risiko bzw. starker Sensibilisierung im Bereich Arbeits- und Menschenrechte stellt Sedex, inkl. eines SMETA-Audits, das adäquatere Tool dar.

 

CDP

Das Carbon Disclosure Project (CDP) ist ein jüngerer Vertreter in der Arena der ESG-Ratings, wird inzwischen immer häufiger von Kunden nachgefragt werden.

  • CDP wurde 2002 gegründet und ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Großbritannien. Sie betreibt CDP als ein globales Offenlegungssystem für Investoren und Unternehmen, aber auch für Staaten, Regionen und Städte. Gestartet mit dem Fokus auf Energie und Treibhausgasbilanz, wurden später Wasserverbrauch und Entwaldungsrisiken hinzugefügt.
  • Unternehmen übermitteln ihre Informationen über spezielle Fragebögen der Plattformen CDP Climate, CDP Water, CDP Supply Chain und CDP Forest. Es können lediglich ein oder mehrere Fragebogen eingereicht werden. Das heißt, man entscheidet als Unternehmen selbst (oder wird von seinem Kunden dazu aufgefordert), in welchen Bereichen eine Offenlegung erfolgt.
  • Die übermittelten Daten werden von CDP nach einer ausgefeilten Methode und je nach Branche und Größe differenziert bewertet. Die Score-Hierarchie weist vier Level mit je zwei Unterleveln auf:
    • D: Disclosure. Das Unternehmen hat auf die Aufforderung zum Report reagiert.
    • C: Awareness
    • B: Management
    • A: Leadership

Von 9.000 Unternehmen, die 2020 im Bereich Klima berichtet haben, konnten nur 277 das höchste Level A erreichen.

  • Erfolgt das Reporting in Folge einer Kunden- oder Investorenaufforderung, ist der Service für das anfragende Unternehmen kostenfrei. Erfolgt das Reporting aus eigenem Antrieb, wird eine Gebühr fällig.

CDP ist kein Ersatz für EcoVadis oder Sedex. Es fokussiert klar auf das E in ESG. Ein CDP-Report wird aber sowohl bei EcoVadis als auch bei Sedex sehr positiv angerechnet.

 

Woher der Ratingdruck kommt und wie man reagiert

Wird ein ESG-Rating fällig, geht der Druck meist von Brands bzw. Consumer Facing Companies aus. Sie haben z.B. ein Klimakommittent abgegeben und müssen nun ihre Lieferketten mit in die Offenlegungspflicht einbeziehen. Anders können sie die Emissionswerte ihrer Lieferkette (Scope 3) nicht darlegen und transparent machen.

Öffentlichkeit, Medien und Regulierer machen Druck. Durch gesetzliche Vorgaben wie das am 11.06. im Bundestag verabschiedete Lieferketten-Sorgfaltspflichtgesetz (seien sie gespannt wir berichten im nächsten Newsletter darüber) wird immer mehr Transparenz in den Lieferketten eingefordert. In Zeiten der Nachhaltigkeitsrevolution kann es deshalb nicht verwundern, dass die „untestierte“ Selbstauskunft nicht mehr ausreicht. Früher wurden Kundenanfragen, in denen ein Kunde ganz gezielt nach der Erfüllung formalisierter Ratings und Rankings fragte, gerne mal erfolgreich ignoriert und ausgesessen. Aber diese Zeiten sind vorbei.

 

EcoVadis, Sedex und zunehmend auch CDP werden für die Unternehmen zur Pflicht. Man sollte das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Und man sollte es nicht auf die lange Bank schieben, denn die Vorarbeiten sind umfangreich.

Gut, wenn man einen erfahrenen und überzeugten Partner an seiner Seite weiß. Wir unterstützen Sie pragmatisch nicht nur bei EvoVadis und/oder Sedex, sondern auch bei CDP und der Erstellung einer Klimastrategie.


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    Jenny Walther-Thoß

    walther-thoss@bp-consultants.de