Plastic Tax in Deutschland: So sieht sie aus.

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Die Ausgestaltung der Plastic Tax in Deutschland nimmt Formen an. Das Bundesumweltministerium (BMUV) hat jüngst den Referentenentwurf zur Umsetzung bestimmter Regelungen der EU-Einwegkunststoffrichtlinie vorgelegt. Herausgekommen ist ein Bürokratiemonster, das wichtige Fragen offenlässt und wenig zur Stärkung von ReUse, Recycle und Reduce beiträgt. Wir sagen Ihnen, wer von dem Gesetz betroffen ist, welche Pflichten es bringt, wie der weitere Fahrplan aussieht und woran es bei dem Regelwerk hakt.

 

Kerninhalt des Referentenentwurfs ist der Entwurf eines neuen Gesetzes über den Einwegkunststofffonds (Einwegkunststofffondsgesetz – EWKFondsG). Daneben sind in §§ 26 und §§ 27 Verpackungsgesetz einzelne Änderungen vorgesehen. (Den vollständigen Referentenentwurf können Sie hier einsehen.)

 

Fahrplan

Bis zum 14. April 2022 konnten sich alle Beteiligten zum Referentenentwurf äußern. Bis Ende Mai soll das Einwegkunststofffondsgesetz im Kabinett diskutiert werden um in Folge ins parlamentarische Verfahren zu gehen. Das Gesetz soll dann im Wesentlichen am 01. Januar 2023 in Kraft treten. Einzelne Regelungen sollen erst zum 01. September 2023 bzw. zum 01. Januar 2024 in Kraft treten.

 

Wer ist betroffen

Das Gesetz ist relevant für alle Hersteller (respektive Erstinverkehrbringer) von Einwegkunststoffprodukten, wie sie in Anlage 1 des Einwegkunststofffondsgesetzentwurfs genannt werden.

Als Erstinverkehrbringer gilt, wer die genannten Einwegkunststoffprodukte gewerbsmäßig auf dem Markt bereitstellen beziehungsweise – bei Vertrieb aus dem Ausland – unmittelbar an private Haushalte oder andere Nutzer verkauft.

 

Welche Produkte sind betroffen

Betroffen sind Einwegkunststoffprodukte, die § 3 Abs. 1 des Einwegkunststofffondsgesetzentwurfs wie folgt definiert: „… ein ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehendes Produkt, das nicht konzipiert, entwickelt und in Verkehr gebracht wird, um während seiner Lebensdauer mehrere Produktkreisläufe zu durchlaufen, indem es zur Wiederbefüllung an einen Hersteller oder Vertreiber zurückgegeben wird oder zu demselben Zweck wiederverwendet wird, zu dem es hergestellt worden ist“.

Konkret fallen unter das Gesetz beispielsweise

  • To-Go-Lebensmittelbehältnisse
  • Tüten- und Folienverpackungen
  • Getränkebecher- und -behälter
  • Leichte Tragetaschen
  • Feuchttücher
  • Luftballons sowie Tabakfilter(produkte)

 

Neue Pflichten

Mit dem neuen Gesetz können für Erstinverkehrbringer unter anderem folgende neue Pflichten verbunden sein:

  • Elektronische Registrierungspflicht bei Umweltbundesamt (UBA).
  • Jährliche Meldungspflicht beim UBA über ein Onlineportal. Hier müssen jährlich bis zum 15. Mai Art und Masse der in Verkehr gebrachten, betroffenen Einwegkunststoffprodukte (ab 50 kg) für das vorangegangene Kalenderjahr gemeldet werden.
  • Pflicht zur Zahlung einer Einwegkunststoffabgabe an das Umweltbundesamt.
  • Pflicht zur Benennung eines Bevollmächtigten, wenn der Hersteller im Ausland niedergelassen ist.

 

Ausgestaltung und Einwegkunststofffonds

Aus der gemeldeten Art und Masse der Einwegkunststoffprodukte und dem jeweiligen Abgabesatz ermittelt das UBA die Höhe der Einwegkunststoffabgabe. Der Abgabesatz wird durch eine noch zu erlassende Rechtsverordnung festgelegt.

Das zentrale Element bei der Umsetzung des Gesetzes ist der Einwegkunststofffonds beim Umweltbundesamt. Die Hersteller zahlen die Einwegkunststoffabgabe in diesen Fond ein. Parallel erhalten die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und sonstige anspruchsberechtigte juristische Personen des öffentlichen Rechts aus dem Fonds Ersatz für die ihnen entstandenen Kosten der Müllbeseitigung.

 

Bewertung des neuen Gesetzes

Es mangelt nicht an Kritik am Referentenentwurf. Sie kommt von allen Seiten und konzentriert sich auf folgende Punkte:

  • Warum braucht es eine zusätzliche Registrierung und dazu noch beim UBA?

Wir haben mit der Zentralen Stelle bereits eine Institution, die das ohne weiteres hätte umsetzen können. Sie wäre die logische und beste Wahl gewesen.

  • Warum soll das UBA diesen Fond verwalten?

Das ist eine unnötige „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“. Bereits abzusehen ist, dass mit dieser Lösung ein Bürokratiemonster geschaffen wird.

  • Warum wird auf positive Lenkung verzichtet?

Gewollt und angekündigt war ursprünglich eine durchdachte Maßnahme, die zur Umsetzung ambitionierter Nachhaltigkeitsmaßnahmen und Technologien im Einwegkunststoffbereich beiträgt und gleichzeitig ein Verursacherprinzip einführt. Daran geht die geplante Ausgestaltung des Gesetzes leider komplett vorbei.

  • Und vor allem: Wieviel muss pro Kg Einwegkunststoff letztlich bezahlt werden?

Diese entscheidende Frage soll durch eine Rechtsverordnung des UBA geklärt werden – in der Zukunft. Das bedeutet, die Hersteller werden gesetzlich zu Zahlungen verpflichtet, deren Höhe noch gar nicht feststeht.

Auch die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) stellt in Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsverbänden fest, dass der Entwurf „nicht geeignet“ sei, die EU-Vorgaben im Kampf gegen Plastikmüll „richtlinienkonform, verfassungsgemäß und effizient“ umzusetzen. Das ist umso bedauerlicher, da es von den Herstellerverbänden durchaus produktive Vorschläge gab, wie eine deutsche Ausgestaltung hätte aussehen können.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass die nationale Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie weder verstärktes Recycling, noch Close-Loop-Systeme, Mehrweg oder den Einsatz von nachhaltigeren Materialien im Einwegkunststoffbereich unterstützt.

 

UK fördert Rezyklateinsatz

Wie es auch anders geht, zeigt ein Blick nach Großbritannien. Die UK Plastic Tax stellt eher eine generelle Regelung für Kunststoffverpackungen dar. Im Gegensatz zu Deutschland versucht man, mit der Abgabe den Einsatz von Recyclingmaterialien zu unterstützen. Deshalb gilt die Abgabepflicht nur für Kunststoffverpackungen, die weniger als 30 % Recyclinganteil aufweisen.


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    Jenny Walther-Thoß

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