Greenwashing im Visier. Öko-Design-Regulierung ante portas.

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In unserer neuen Rubrik „POLITIK“ informieren wir Sie von nun an regelmäßig über laufende und anstehende Diskussionen, Konsultationen und Gesetzesänderungen mit Verpackungsbezug. Dieses Mal schauen wir auf die Entwürfe der Ökodesignregulierung und auf die Überarbeitungen von Verbraucherschutzvorschriften zur Verhinderung von Greenwashing.

 

Kurzinfo: Plastic Tax

Die Ausgestaltung der Plastic Tax in Deutschland nimmt Formen an. Das Bundesumweltministerium (BMUV) hat jüngst den Referentenentwurf zur Umsetzung bestimmter Regelungen der EU-Einwegkunststoffrichtlinie vorgelegt. Erfahren Sie Details im Beitrag „Plastic Tax in Deutschland: So sieht sie aus.“ aus diesem Newsletter.

 

Kurzinfo: EU-Whistleblower-Richtlinie in Deutschland

Am 06. April 2022 hat der Bundesjustizminister einen Referentenentwurf zur Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937) an die anderen Ministerien zur Abstimmung versandt. Das Gesetz soll nach der Sommerpause verabschiedet werden.

Alle Unternehmen ab 50 Mitarbeitern müssten dem Entwurf zufolge ein transparentes und öffentlich zugängliches Hinweisgebersystem einrichten. Der neue Referentenentwurf betrachtet die unterlassene Einrichtung interner Meldestellen als Ordnungswidrigkeit, für die Bußgelder in Höhe von bis zu 20.000 Euro verhängt werden können.

 

Kurzinfo: Sustainable Product Policy

Am 30. März 2021 hat die EU ein Update ihrer Sustainable Product Policy im Rahmen des Circular Economy Pakets verabschiedet. Darunter befindet sich auch die Sustainable Product Initiative (SPI), die vier Gesetzentwürfe enthält. Zwei davon wollen wir in Folge näher beleuchten. Sie betreffen die Themenfelder „Green Claims“ und „Öko Design“.

Mit dem SPI wird der produktpolitische Rahmen der EU erheblich erweitert, indem er vertieft und ausgeweitet wird, so dass mehr Maßnahmen auf mehr Wirtschaftssektoren angewendet werden können. Es wird sehr klar definiert, dass alle Produkte, welche auf den Europäischen Markt kommen, diese neuen Regulierungen einhalten müssen.

Grundsätzlich hat die EU-Kommission mit den beiden in Folge besprochenen Gesetzesentwürfen einen klaren Fahrplan vorgelegt. Er hat das Ziel, Produkte auf dem europäischen Markt (ob hier produziert oder importiert) nachhaltiger zu machen und die Verbraucher und Verbraucherinnen mit soliden und transparenten Informationen bei ihrer Kaufentscheidung zu unterstützen.

B+P wird die weitere Entwicklung der Entwürfe verfolgen und Sie auf dem Laufenden halten.

 

Unter der Lupe: Greenwashing

Für Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch für Unternehmen und andere Marktteilnehmer ist es zunehmend schwierig geworden, die Vielzahl unterschiedlicher Umweltsiegel und -initiativen zur Ökoleistung von Produkten und Unternehmen zu verstehen. Sie decken unterschiedliche Bereiche ab und sind teils zuverlässig, teils nicht.

  • In der EU gibt es inzwischen mehr als 200 Umweltzeichen.
  • Weltweit sind über 450 dieser „Siegel“ im Einsatz.
  • Alleine für Kohlenstoffemissionen gibt es mehr als 80 weit verbreitete Berichterstattungsinitiativen und -methoden.

 

Das Problemfeld

Das Hauptproblem neben der verwirrenden Vielzahl und der unterschiedlichen Vertrauenswürdigkeit der Siegel und Initiativen ist, dass Greenwashing-Unternehmen über deren Verwendung einen falschen Eindruck von den Umweltauswirkungen oder Ökovorteilen ihrer Produkte und Services vermitteln.

Greenwashing führt Marktteilnehmer in die Irre. Es kassiert den angemessenen Vorteil von Unternehmen, die sich tatsächlich um die Umweltverträglichkeit ihrer Produkte und Tätigkeiten bemühen.

 

Die Zielsetzung der EU

Um diese Probleme anzugehen, hat die EU im Rahmen ihres Green Deal beschlossen: “Unternehmen, die ‘grüne Behauptungen’ aufstellen, sollten diese anhand einer Standardmethodik zur Bewertung ihrer Auswirkungen auf die Umwelt belegen”.

Die „Standardmethodik“ soll gewährleisten, dass die Angaben zur Umweltleistung von Unternehmen und Produkten von allen Marktteilnehmern zuverlässig, vergleichbar und EU-weit überprüfbar sind.

 

Zeitplan für den Gesetzesvorschlag

Der Gesetzesvorschlag geht nun in den Gesetzgebungsprozess der EU. Teil des Prozesses sind weitere Diskussionen zu Details wie beispielsweise die Klärung, welche anerkannten EU-Standards als Grundlage für Green Claims akzeptiert werden. Mit einer finalen Regulierung sollte nicht vor Ende 2023/Anfang 2024 gerechnet werden.

 

Bewertung und Fazit

Das geplante Verbot „beliebter“ Greenwashing-Praktiken ist aus B+P Sicht positiv zu bewerten. Dazu gehören beispielsweise:

  • Die Verwendung allgemein gehaltener “grüner” Angaben, die nicht durch vertrauenswürdige Systeme, wie das EU-Umweltzeichen, nachgewiesen werden,
  • Grüne Angaben für ein ganzes Produkt, obwohl nur ein bestimmter Nachhaltigkeitsaspekt erfüllt wird. So wird es beispielsweise nicht mehr möglich sein, ein Produkt “aus recycelten Materialien” zu bewerben, wenn tatsächlich nur die Verpackung aus Rezyklat besteht.
  • Das Aufbringen von Nachhaltigkeitskennzeichnungen, die nicht auf glaubwürdigen Zertifizierungssystemen beruhen oder von staatlichen Behörden eingeführt wurden.
  • Claims wie „Klimaneutrales Produkt“ sind verboten, wenn sie sich nicht auf einen spezifischen anerkannten Standard oder System stützen. Auch hier laufen die Detaildiskussion noch. Entschieden werden muss beispielsweise, ob und in welchem Umfang Kompensationen erlaubt sind.

Mehr zum Thema finden Sie auch im Beitrag „Trumpf (mit Risiken) im Marketing: Klimaneutrale Produkte“ weiter oben in diesem Newsletter.

 

Unter der Lupe: Öko-Design-Regulierung

Am 30. März 2022 hat die EU-Kommission im Rahmen der Sustainable Product Initiative (SPI) ein Paket von Vorschlägen für die weitere Ausdefinierung des “Green Deal” vorgelegt. Die Maßnahmen sollen nachhaltige Produkte zur Norm in der EU machen, Kreislaufwirtschaftsmodelle fördern und die Verbraucher für den grünen Wandel stärken.

Konkret sollen über neue Vorschriften fast alle materiellen Güter auf dem EU-Markt während ihres gesamten Lebenszyklus – von der Entwurfsphase über den täglichen Gebrauch bis zur Entsorgung – umweltfreundlicher, kreislauffähiger und energieeffizienter werden.

 

Ecodesign for Sustainable Products Regulation

Die vorgeschlagene Verordnung über die umweltgerechte Gestaltung nachhaltiger Produkte (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR) ist der Eckpfeiler des neuen Ansatzes der EU in der Produktpolitik.

Mit dieser Überarbeitung der bestehenden Ökodesignrichtlinie für energiebetriebene Produkte wird die Möglichkeit geschaffen, Mindestanforderungen für den Marktzugang für nahezu jedes Produkt auf dem EU-Markt festzulegen, neben anderen Instrumenten, wie der Einführung eines digitalen Produktpasses und verbindlicher Kriterien für die öffentliche Beschaffung.“

Zwar legt die EU bereits jetzt Mindestumweltanforderungen für bestimmte Produkte oder Sektoren fest, beispielsweise das Energielabeling, aber die bestehenden Vorschriften decken bislang nur einen begrenzten Teil der in der EU vermarkteten Waren ab. Zudem fördern sie weder systematisch die Kreislaufwirtschaft noch gehen sie auf viele der Auswirkungen von Produkten auf das Klima und die Umwelt ein, die während des gesamten Lebenszyklus entstehen.

 

Zu den neuen Vorschriften gehören:

  • Eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens zur Festlegung von Ökodesign-anforderungen für nachhaltige Produkte,
  • Ein Arbeitsplan für Ökodesign und Energiekennzeichnung 2022-2024,
  • Eine EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien,
  • Eine Verordnung zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten,
  • Eine Richtlinie zur Befähigung der Verbraucher für den grünen Übergang durch besseren Schutz vor unlauteren Praktiken sowie bessere Informationen – abgekürzt Green Claim Regulierung.

 

Zeitplan für den Gesetzesvorschlag

Der Gesetzesvorschlag geht nun in den Gesetzgebungsprozess der EU. Teil des Prozesses sind weitere Diskussionen zu Details, wie beispielsweise Art und Umfang der Informationen, die der zu etablierende „Digitale Produktpass“ beinhalten soll. Mit einer finalen Regulierung sollte nicht vor Ende 2023/Anfang 2024 gerechnet werden.

 

Bewertung und Fazit

Bislang sind die vorliegenden Dokumente nur erste Entwürfe, die nun in den Verhandlungsprozess gehen. Entscheidende Details sind bislang noch unklar. Grundsätzlich klar ist dagegen, dass die Eco-Design-Regulierung ein Framework sowie grundlegende Prinzipien definieren soll, die festlegen, was unter einem nachhaltigen Produkt zu verstehen ist. Die Definitionen und Beschlüsse sollen dann über einen Dedicated Act Gültigkeit erlangen.

  • Die Anwendung von Ökodesignmaßnahmen auf ein breiteres Spektrum von Produkten durch Rechtsakte sehen wir grundsätzlich positiv. Sie hat das Potenzial, die Kreislauffähigkeit von Produkten zu erhöhen, ihre problematischsten Auswirkungen auf den Lebenszyklus anzugehen und dadurch einen wesentlichen Beitrag zu den Zielen des EU-Green Deal zu leisten.
  • Auch die geplanten Bestimmungen zur Verbesserung der Marktüberwachung, insbesondere eine Mindestanzahl von Kontrollen und die Verwendung von Selbstauskünften über den Energieverbrauch von Energieprodukten, sehen wir als zielführend.
  • Ein Fortschritt ist auch die Möglichkeit, durch delegierte Rechtsakte verbindliche Kriterien für ein umweltgerechtes öffentliches Beschaffungswesen festzulegen, und ein Verweis auf das EU-Umweltzeichen, um Marktanreize in den Mitgliedstaaten zu schaffen.
  • Positiv bewerten wir die klare Regelung zur Einführung digitaler Produktpässe für alle regulierten Produkte, einschließlich der Informationen über bedenkliche Stoffe. Von dieser Maßnahme erwarten wir eine Unterstützung des weiteren Recyclingprozesses. Das Risiko toxischer Hinterlassenschaften lässt sich allerdings nur dann ausräumen, wenn tatsächlich alle Chemikalien zurückverfolgt werden.


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    Jenny Walther-Thoß

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