Unter der Lupe: Die EU Deforestation Regulation (EUDR)

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Am 16.05. hat der Rat der Europäischen Union (Council) die EU-Entwaldungsverordnung (EU Deforestation Regulation; EUDR) verabschiedet, die 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung Europa weit in Kraft tritt. Im Anschluss beginnt eine Übergangszeit von 18 Monaten (Kleinstunternehmen haben 24 Monate Zeit). Aller Voraussicht nach treten die Anforderungen also ab Dezember 2024 in Kraft.

 

Hintergrund

Die EU ist ein großer Verbraucher und Händler von Rohstoffen und Produkten, die in erheblichem Maße zur Entwaldung beitragen. Mit den neuen Vorschriften soll sichergestellt werden, dass der europäische Verbrauch und Handel  mit diesen Rohstoffen und Produkten nicht zur Entwaldung und zur weiteren Verschlechterung der Waldökosysteme beiträgt. Gleichzeitig zielen die neuen Vorschriften darauf ab, Doppelverpflichtungen zu vermeiden und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Behörden zu verringern.

 

Verbindliche Sorgfaltspflichten

Die Verordnung legt verbindliche Sorgfaltspflichten für alle Wirtschaftsbeteiligten (Produzenten, Hersteller und Verarbeiter) und Händler fest, die folgende Waren und daraus hergestellte Produkte  auf den EU-Markt bringen, dort bereitstellen oder ausführen: Palmöl, Rinder, Holz, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Soja. Die Verpflichtungen gelten auch für eine Reihe von Folgeprodukten. Darunter fallen z.B. auch Produkte aus Zellstoff und Papier.

Unternehmen, die die entsprechenden Waren und Produkte auf den Markt bringen, müssen Sorgfaltspflichtregelungen einführen und umsetzen, um zu verhindern, dass Produkte, die mit Abholzung in Verbindung stehen, auf den EU-Markt gelangen. Dazu gehört, dass die Marktteilnehmer verpflichtet werden, die Rohstoffe der von ihnen verkauften Waren bis zu der Parzelle zurückzuverfolgen, auf der sie produziert wurden.

Die Unternehmen müssen in einem europäischen Informationssystem eine Erklärung abgeben, in der sie bestätigen, dass sie ihre Sorgfaltspflicht erfolgreich erfüllt haben und dass die von ihnen auf den Markt gebrachten Produkte den EU-Vorschriften entsprechen.  Diese Erklärung muss auch wesentliche Informationen für die Überwachung bereitstellen wie beispielsweise die geografischen Koordinaten des Betriebs oder der Plantage, auf der die Rohstoffe angebaut wurden.

Die Marktteilnehmer werden von den Durchsetzungsbehörden überwacht und zur Rechenschaft gezogen, wenn sie die Anforderungen der Verordnung nicht erfüllen. Für kleine Marktteilnehmer besteht die Möglichkeit, sich bei der Erstellung von Sorgfaltserklärungen auf größere Marktteilnehmer zu verlassen.

 

Stichtag

Die Verordnung legt als Stichtag für den Nachweis der Entwaldungsfreiheit den 31.12.2020 fest. Das bedeutet, dass nur Holz und Produkte aus Holz auf den EU-Markt gebracht oder aus der EU ausgeführt werden dürfen, die auf Flächen erzeugt wurden, die nach dem 31.12.2020 nicht von Entwaldung oder der Waldschädigung (Degradation) betroffen waren.

 

Verpackungsindustrie ist stark betroffen

Durch die Einbeziehung von Produkten aus Zellstoff und Papier hat die neue Verordnung großen Einfluss auf weite Teile der Verpackungsindustrie.

  • Die EUDR betrifft alle Produzenten und viele Verarbeiter von Produkten aus Holz-Frischfaser.
  • Einbezogen sind alle Produkte aus Zellstoff und Papier der
    • Kapitel 47 (Halbstoffe aus Holz oder andere zellulosehaltigen Faserstoffe; Papier oder Pappe (Abfälle und Ausschuss) zur Wiedergewinnung,
    • Kapitel 48 (Papier und Pappe; Waren aus Papierhalbstoff, Papier oder Pappe) sowie
    • Kapitel 49 (Bücher, Zeitungen, Bilddrucke und andere Erzeugnisse des grafischen Gewerbes; hand- oder maschinengeschriebene Schriftstücke und Pläne).

Entscheidend sind bei der Zuweisung die Zolltarifnummern. Demnach wären der HS-Code 4819 und dessen Unterkategorie 48192000 einschlägig; hier werden z.B. Faltschachteln explizit genannt.

  • Bei Holzprodukten deuten die Formulierungen der Verordnung unserer Ansicht nach darauf hin, dass sie nicht unter die Verordnung fallen, wenn sie als Verpackung oder zur Ladungssicherung dienen.
    • Der Wortlaut im Original: „Einbezogen sind Verpackungskisten, Kisten, Verschläge, Fässer und ähnliche Verpackungen aus Holz; Kabeltrommeln aus Holz; Paletten, Boxpaletten und andere Ladungsträger aus Holz; Palettenaufsätze aus Holz (ausgenommen Verpackungen, die ausschließlich als Verpackungsmaterial zum Stützen, Schützen oder Tragen eines anderen in den Verkehr gebrachten Erzeugnisses verwendet werden.“

Ausgenommen von der Verordnung sind Erzeugnissen auf

  • auf Basis von Bambus sowie
  • recycelten Produkten (Abfall i.S.d. Richtlinie 2008/98/EG) somit wären 100% Altfaserkartons und Papiere nicht betroffen aber ein Frischfaseranteil in einem Altfaserkarton sehr wohl.

 

Die Sorgfaltspflichten im Detail und in der Praxis

Die betroffenen Rohmaterialien und daraus hergestellte Produkte dürfen nur dann im Binnenmarkt in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder aus dem Binnenmarkt exportiert werden, wenn als Bedingungen erfüllt ist:

  • sie sind entwaldungsfrei Stichtag 31.12.2020)
  • sie wurden im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes hergestellt
  • es wurden keine Menschenrechte oder Rechte indigener Völker verletzt
  • sie sind durch eine Sorgfaltserklärung abgedeckt.

Wird eine der vier Anforderungen nicht erfüllt, dürfen diese Produkte nicht auf den EU-Markt gebracht werden.

Im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht müssen die Marktteilnehmer drei Schritte durchlaufen:

  • In der ersten Stufe müssen sie den Zugang zu Informationen über u. a. die Ware, die Menge, den Lieferanten, das Produktionsland usw. sicherstellen.
    • Eine wichtige Voraussetzung für diesen Schritt ist die Beschaffung der geografischen Koordinaten der Flächen, auf denen die Rohstoffe bzw. die in den von ihnen vermarkteten Waren enthaltenen Rohstoffe produziert wurden. Da Entwaldung mit einer veränderten Flächennutzung einhergeht, ist die Verwendung von Geolokalisierungs-Koordinaten der einfachste und kostengünstigste Weg, um die die Flächen auf Entwaldung hin zu überprüfen. Es wird erwartet, dass die Kombination von Geolokalisierung und Fernüberwachung mittels Satellitenbilder die Wirksamkeit der Verordnung erhöhen wird.
  • In der zweiten Stufe müssen die Unternehmen die Informationen über die für die Rohstoff-Produktion genutzten Flächen nutzen, um das Risiko in der Lieferkette zu analysieren und zu bewerten.
  • In der dritten Stufe müssen die Unternehmen angemessene und verhältnismäßige Abhilfemaßnahmen ergreifen.

Wie bereits erwähnt, besteht für kleine Marktteilnehmer, d.h. KMU bis zu 250 Mitarbeitern die Möglichkeit, auf die Erklärung größerer Markteilnehmer zu verweisen, wenn diese Teil der Vor-Kette sind und für das bezogene Produkt bereits eine Sorgfaltspflichten-Erklärung abgegeben haben.

 

Menschenrechte

Die neue EUDR berücksichtigt auch den Schutz der Menschenrechte im Zusammenhang mit der Entwaldung. Dazu wurde ein Verweis auf den Grundsatz der freien, vorherigen und in Kenntnis der Sachlage erteilten Zustimmung der indigenen Völker hinzugefügt (Free, Prior, Informed Consent). Betroffen sind entsprechend Flächen, die auch der Versorgung von indigenen Völkern dienen.

 

Kontrollen der Produkte

  • Mit der Verordnung wird ein Benchmarking-System eingeführt, mit dem spezifischen Ländern innerhalb und außerhalb der EU ein Risikoniveau in Bezug auf Entwaldung und Waldschädigung zugewiesen wird (niedrig, normal oder hoch).
  • Die Risikokategorie bestimmt dann den Umfang der spezifischen Verpflichtungen für Inspektionen und Kontrollen durch die Marktteilnehmer und die Behörden der Mitgliedstaaten. Die Direktive ermöglicht also eine verstärkte Überwachung für Länder mit hohem Risiko und eine vereinfachte Sorgfaltspflicht für Länder mit niedrigem Risikolevel.
  • Die zuständigen Behörden müssen 9 Prozent der Wirtschaftsbeteiligten und Händler, die mit Erzeugnissen aus Hochrisikoländern handeln, 3 Prozent der Wirtschaftsbeteiligten aus Ländern mit Standardrisiko und 1 Prozent der Wirtschaftsbeteiligten aus Ländern mit geringem Risiko kontrollieren und überprüfen, ob sie die in der EUDR festgelegten Verpflichtungen tatsächlich erfüllen.
  • Darüber hinaus müssen die zuständigen Behörden 9 Prozent der einschlägigen Waren und Produkte kontrollieren, die von Hochrisikoländern auf ihren Markt gebracht, dort bereitgestellt oder von dort ausgeführt werden.

 

Sanktionen

Die Verordnung enthält Bestimmungen über Sanktionen, die von den Mitgliedstaaten auf ihre Wirksamkeit, Verhältnismäßigkeit und Abschreckung hin überprüfen sollen.

  • So sollen Geldbußen in einem angemessenen Verhältnis zu den Umweltschäden und dem Wert der betreffenden Waren oder Produkte stehen, mindestens aber 4 Prozent des Jahresumsatzes der Betreiber in der EU betragen.

Außerdem sollen Verstöße gegen die EUDR zu einem vorübergehenden Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen und vom Zugang zu öffentlichen Mitteln beinhalten.

 

Ready for EUDR

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    Jenny Walther-Thoß

    walther-thoss@bp-consultants.de