Warum Markenartikler die Verpackungsindustrie benötigen, um ihre Klimaziele zu erreichen

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Viele Markenartikler haben sich ambitionierte Klimaziele gesetzt. Gleichzeitig erhöhen Brüssel und die Nationalstaaten stetig die Vorgaben und Quoten im Klimabereich. Um diese Vorgaben und ihre eigenen Ziele zu erreichen, sind die Markenartikler auf die Verpackungsindustrie angewiesen. Denn die Verpackung ist ein relevanter Faktor des Corporate und des Product Carbon Footprint. CO2 ist auf dem Weg, eine eigene Währung in unserer Branche zu werden. Für Unternehmen der Verpackungsindustrie, die sich transparent und wissenschaftlich fundiert den Herausforderungen stellen, eröffnen sich dadurch große Chancen. In unserem Newsletter stellen wir Ihnen Hintergründe, Maßnahmen, Voraussetzungen und Folgen dieser Situation in 10 Kernaussagen dar.

 

Die Erkenntnis, dass der Klimawandel die größte Gefahr für Menschen und Volkswirtschaften darstellt, ist längst nicht mehr auf Experten und Regulierer beschränkt, sondern findet Konsens in der globalen Bevölkerung.

 

Das 1,5-Grad-Ziel

Um das Ausmaß der damit verbundenen Schäden zumindest zu begrenzen, haben sich die Staaten auf der UN-Klimakonferenz in Paris im Jahr 2015 auf das 1,5-Grad-Ziel geeinigt. Aber die Messlatte liegt hoch. Um das Ziel zu erreichen, benötigen wir eine lineare Reduktion schädlicher Treibhausgase von jährlich 4,2 Prozent auf globaler Ebene.

 

Politik und Wirtschaft reagieren

Die Europäische Union reagiert auf die Herausforderungen mit massiven regulatorischen Eingriffen. Aber auch die Industrie schreitet voran. Nahezu alle bedeutenden Markenartikler und Handelsunternehmen haben sich zu ambitionierten Klimazielen verpflichtet.

 

Die Verpackung ist relevant

Um ihre Ziele zu erreichen, sind die Markenartikler auf die Verpackungsindustrie angewiesen. Denn die Verpackung ist ein relevanter Faktor des Corporate und des Product Carbon Footprint. Wir gehen in 10 Kernaussagen auf Hintergründe, Maßnahmen, Voraussetzungen und Folgen ein.

 

#1 – Das Scheitern von Klimaschutzmaßnahmen ist das größte Risiko für die Menschheit – und Europa ist ein Hochrisikogebiet

Im Schweizer Bergdorf Davos treffen sich jedes Jahr im Januar führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Weltwirtschaftsforum (WEF). Im Rahmen eines Risiko-Mappings berichtet das Forum dann auch über die größten Risiken für die Menschheit.

Die Prognose 2023 basiert auf einer Umfrage unter rund 1200 Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik und zeigt ein eindeutiges Ergebnis: Das größte Langzeitrisiko für die Menschheit ist der Klimawandel und ein Scheitern der Klimaschutzmaßnahmen. Bei der Bewertung für die nächste Dekade nehmen Klima- und Umweltthemen sechs der ersten zehn Plätze ein.

 

#2 – Der Green Deal wird Europa neugestalten – als Wirtschaftsstrategie

Auf die Gefahren des Klimawandels reagieren nationale und europäische Regulierer massiv. Der im Dezember 2019 vorgestellte Green Deal der EU hat den Anspruch, bei der Klimarettung auf globaler Ebene voranzugehen. Das Ziel: Wachstum von der Ressourcennutzung abkoppeln und zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. Die Deadline: 2050.

Dabei setzt man nicht mehr auf Freiwilligkeit. Die Regulierer machen über eine Vielzahl von Direktiven und Regulationen Ernst.

Gleichzeitig ist der Green Deal als Geschäftsmodell angelegt. Als Wirtschaftsstrategie soll er die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sichern und sie zu Technologieführern machen.

Als Finanzmittel sind für den Green Deal „mindestens 1 Billion Euro“ eingeplant.

 

#3 – Die Regulierung als Treiber des Klimaschutzes – auf allen Ebenen

In Bezug auf das Klima stehen drei große Pakete im Zentrum des Green Deal – verbunden mit einer zusätzlichen Maßnahme.

Das Europäische Klimaschutzgesetz von 2021 mit dem Ziel einer Reduktion der CO2-Emissionen um 55 Prozent bis 2030 und dem Erreichen von Klimaneutralität bis 2050 (jeweils im Vergleich zu den Emissionen des Jahres 1990).

Die Ausweitung des Emissionshandels. Bei der 2021 erfolgten „Reform der Europäischen Emissionshandelsverordnung“ geht es nicht zuletzt darum, die durch den Klimawandel entstehenden Kosten (Umweltschäden) in Rechnung stellen zu können.

Der Entwurf einer europäischen Carbon Border Tax. Der 2022 vorgestellte „European Commissions’s Carbon Border Adjustment Mechanism“ (CBAM) will verhindern, dass Wertschöpfung einfach in andere, nicht regulierte Länder abwandert. Dafür belegt man Importe, die nicht den CO2-Reduktionszielen der EU entsprechen, mit einer CO2-Steuer.

Die Erweiterung der Berichtspflichten (EU CSRD – Corporate Sustainability Reporting Directive zum Reporting unter Berücksichtigung der EU Taxonomy Kriterien) schafft als weitere Maßnahme die Verpflichtung für Unternehmen, im Rahmen der Unternehmensberichterstattung auch über die eigenen Klima-Ein- und -Auswirkungen Rechenschaft abzulegen. Die Leitfragen:

  • Wie wirken sich die Produkte auf das Klima aus? Sind sie klimaschädlich oder nicht?
  • Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Produktion und das Geschäftsmodell aus? Ist das Unternehmen angesichts des Wandels resilient und zukunftsfähig?

 

#4 – Die Relevanz der Industrie für den Klimaschutz

In Deutschland trägt die Industrie nach Berechnungen von McKinsey insgesamt knapp 23 Prozent zu den GHG-Emissionen (Green House Gas) bei. Betrachtet man die Verpackungsindustrie, so stehen ihre Produkte laut „worldwatchers“ für rund 120 kg CO2 pro Jahr und Einwohner. Bezogen auf das Pariser Klimaziel für 2030 von 2.500 kg CO2 pro Person und Jahr sind das fast 5 Prozent des gesamten Budgets.

Den nationalen und europäischen Regulierern ist klar, dass die im Zuge der geforderten Transformation nötige Dekarbonisierung nicht nur gefordert, sondern auch gefördert werden muss.

 

#5 – Zentraler Baustein Klimastrategie – und wie man sie erstellt

Die Zeiten, in denen ein Unternehmen seine eigenen Klimaziele mit eigenen Parametern und Rechenwegen definieren konnte, sind vorbei. Im Sinne von Transparenz, Vergleichbarkeit, Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit sind wissenschaftlich fundierte Klimaziele mittlerweile der Industriestandard.

Eine herausragende Stellung nimmt dabei die 2019 gegründete „Science Based Targets Initiative“ (SBTi) ein. Mit ihrer Hilfe können sich Unternehmen wissenschaftsbasierte Klimaziele setzen und ihre Klimastrategien auf feste Füße stellen.

Außerdem übersetzt die SBTi die Erkenntnisse der Klimawissenschaft in konkrete jährliche Mindestreduktionsraten. Stand 2022 benötigt die Welt eine lineare Reduktion der Treibhausgase von 4,2 Prozent pro Jahr bis 2050. Nur so lässt sich das Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5° C zu begrenzen.

 

#6 – UN-Initiative “Business Ambition for 1,5°C” – Pharma und FMCG führen

Im Jahr 2019 startete die “United Nations” (UN) ihre Initiative “Business Ambition for 1,5°C”. Unter dem Motto “Join the Campaign for Our Only Future” und der direkten Anrede “Dear Business Leaders” heißt es:

“We are calling on you to step up and commit your business to set science-based targets aligned with limiting global temperature rise to 1,5°C above pre-industrial levels.”

Mit dem Kernziel der Klimaneutralität bis 2050 haben sich in den vergangenen Jahren namhafteste Unternehmen der Business Ambition for 1,5°C angeschlossen. Eine führende Position nehmen dabei Pharma- und FMCG-Unternehmen ein.

Gerade die Big Player im Markenbereich haben sich in den letzten Jahren ehrgeizige Klimaziele gesteckt – die sie aus eigener Kraft nicht erreichen können, sondern nur mit der gesamten Wertschöpfungskette als Partner.

 

#7 – Climate-Footprint im Fokus der Marken – und CO2 als neue Zusatzwährung

Klimaneutralität entwickelt sich immer mehr zu einem schlagenden Argument für das Marketing. Ist die wissenschaftliche Grundlage gegeben, lässt sie sich hervorragend kommunizieren und wird zu einem mächtigen Differenzierungsmerkmal.

Denn die Konsumentinnen und Konsumenten sind vorbereitet. Laut einer aktuellen Studie des Umweltbundesamts (UBA) sehen 63 Prozent der Deutschen die Ursache des Klimawandels im Handeln der Menschen. Entsprechend wächst die Bereitschaft, hier als Konsument aktiv zu werden.

Unter diesen Vorzeichen schauen führende Marken zunehmend auf den Klimafußabdruck ihrer Produkte – von den verwendeten Zutaten über Produktion und Handling bis hin zu Transport und Packaging.

Die „Climate Leader“ steigern nicht nur ihre Investitionen für Klimaschutzmaßnahmen, sondern arbeiten darüber hinaus mit einem internen CO2-Preis für bezogene Produkte und Dienstleistungen. Dieser fließt in die Kalkulation der Investitionsprojekte ein und verbessert den Return on Investment (ROI) für klimafreundliche Investitionen.

Schon bald wird CO2 als Währung genauso untrennbar zu einem Produkt gehören, wie sein Preis.

 

#8 – Der Anteil der Verpackung am Corporate Carbon Footprint – und Low Carbon Packaging

Verpackungen und Verpackungsmaschinen sind relevante Faktoren für den Klimaschutz und die Klimaziele der Marken. Je nach Segment liegt der Anteil des Packaging Carbon Footprint am Corporate Carbon Footprint bei 4 bis 30 Prozent.

„Low Carbon Packaging“ wird zu einem neuen Schlagwort – und die Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks der Verpackung werden zu internen Key Performance Indicators (KPIs), die einem peniblen Monitoring unterliegen.

Gleichzeitig sehen Marken bei Verpackungen Klimapotential, das fast ohne eigenen Aufwand gehoben werden kann. Schließlich lassen sich die entsprechenden Anforderungen direkt an die Partner der Wertschöpfungskette weiterreichen.

Das geschieht schnell – und ist letztlich alternativlos. Will eine Marke beispielsweise die CO2-Bilanz seines verpackten Produkts angehen, kann sie das im Bereich Verpackung nur über seine Lieferanten tun – Verpackungslieferanten, die ihrerseits auf „grüne Energie“ umstellen können und klimafreundliche Verpackungen liefern oder aber Verpackungsmaschinenbauer, die Ressourcen und Energieeffiziente Maschinen bereitstellen.

 

#9 – Inverkehrbringer bringen Transparenz in die Kette – mit dem Carbon Disclosure Project

Das Carbon Disclosure Project (CDP) ist eine im Jahr 2000 gegründete Non-Profit-Organisation. Unternehmen verpflichten sich in ihrem Rahmen, auf jährlicher Basis über Umweltdaten und Klimaziele zu berichten. Die Zahl der beteiligten Unternehmen steigt rapide an und überschritt im Jahr 2021 die Schwelle von 13.000.

Die Veröffentlichung von Daten zu klimaschädlichen Treibhausgasemissionen oder dem Wasserverbrauch schafft öffentliche Transparenz gegenüber den eingegangenen Verpflichtungen.

Bei den CDP-Berichterstattern handelt es sich um Akteure, die Produkte auf den Markt bringen. Über sie erreicht die Verpflichtung zu Transparenz und Berichterstattung in einem „Schneeballeffekt“ die gesamte Wertschöpfungskette – und erfasst so auch den Bereich Verpackung, der einen relevanter Faktor für den Klimafußabdruck von Produkten und Unternehmen darstellt.

 

#10 – Teamplay in der Lieferkette – die Klimabilanz lässt sich nur gemeinsam verbessern

Der geschilderte Schneeballeffekt ist nicht nur gewünscht, er ist auch erforderlich. Denn die Zusammenarbeit in der Lieferkette ist der Schlüssel zur Verbesserung der Klimabilanz.

Wenn die Verpackung für bis zu 30 Prozent des Carbon Footprint eines Produkts steht und der Verpackungsmaschinenbau über seine Erzeugnisse direkten Einfluss auf den Fußabdruck der Produktion nimmt, dann müssen beide Bereiche zwingend ihren Teil beitragen.

Entscheidend ist, dass sich die Ergebnisse nach den wissenschaftlichen Kriterien transparent darstellen lassen. Gelingt das, eröffnen sich der Verpackungsindustrie neue Chancen.

 

Die Chancen des Wandels

Wer sich als Teil der Wertschöpfungskette der Verpackung selbst Klimaziele setzt und seine Ergebnisse glaubwürdig belegen kann, der wird zu einem bevorzugten Lieferanten und Partner seiner Kunden – oder bleibt es. Denn er zahlt mit seinen Produkten und Dienstleistungen direkt auf die Klimaziele seiner Kunden ein. Das ist ein gewichtiges Pfund, mit dem sich im Wettbewerb ein Unterschied machen lässt.

Ein großer Teil der Unternehmen in der Wertschöpfungskette der Verpackung ist sich jedoch ihrer Rolle – und den sich daraus ergebenden Chancen – noch nicht ausreichend bewusst. Um die Chancen zu nutzen, ist eine transparente Klimastrategie nach anerkannter wissenschaftlicher Methodik unablässlich.

 

Empfehlung zur Orientierung: Nachhaltigkeits-Check

Als führende Unternehmensberatung für die Verpackungsindustrie haben wir bei B+P Consultants bereits 2007 erste Klimastrategien für Kunden erarbeitet. Darüber hinaus helfen wir in unserem Geschäftsfeld „Nachhaltigkeit und Innovation“ beispielsweise auch bei der Erstellung und Verbesserung von Eco Vadis Ratings, der Entwicklung eines nachhaltigen Produktportfolios und führen systematisches Nachhaltigkeitsmanagement auf der Basis fundierter Wesentlichkeitsanalysen ein. Gerne unterstützen wir auch Sie dabei, Ihren Beitrag gegen den Klimawandel und für mehr Nachhaltigkeit zu leisten und Ihr Unternehmen als Nachhaltigkeitspartner Ihrer Kunden zukunftssicher aufzustellen.

Aufgrund der Komplexität des Themas, empfehlen wir zur Orientierung die Durchführung eines ganzheitlichen Nachhaltigkeits-Checks, um schnell herauszufinden, wo Sie in Bezug auf Marktanforderungen und Wettbewerb stehen und wo der größte Handlungsbedarf besteht, um relevante Lücken schnell zu schließen.


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