Was passiert da? Die neue EU-Kunststoffsteuer ist erst der Anfang.

EU Flaggen

Der Europäische Rat hat die Einführung einer EU-weiten Kunststoffsteuer beschlossen. Stichtag ist der 1. Januar 2021. Die Abgabe beträgt 0,80 € pro kg nicht recycelter Kunststoffverpackungen und muss von den Mitgliedsstaaten in den EU-Haushalt eingezahlt werden. In Deutschland könnte sich die neue Abgabe auf zwischen 1,4 und 2 Milliarden Euro summieren. Dass die „neuen Mittel“ nicht zweckgebunden zum Ausbau der Kreislaufwirtschaft eingesetzt werden, ist sehr zu bedauern. Aber die Löcher, die Covid19 und der Brexit reißen, wollen gestopft sein. Wie auch immer: Die neue Kunststoffsteuer kündet einen Zeitenwechsel an. Die Geschwindigkeit der Veränderung ist frappant und in ihrer Konsequenz brutal.

 

Die Regulierungen im Kunststoffbereich nehmen in Zahl und Umfang zu. Neben der neuen Plastiksteuer, die ab dem 1. Januar 2021 gilt, werden ab 2025 EU-weit höhere Recyclingquoten für Kunststoffverpackungen verlangt. Auch die Berechnungsmethodik wird in diesem Zuge verändert. Darüber hinaus hatte die EU bereits ein Verbot von Einwegartikeln aus Kunststoff beschlossen, das auf Produkte wie Trinkhalme, Rührstäbchen für den Kaffee, Einweg-Geschirr aus konventionellem Plastik und aus „Bioplastik“ sowie To-go-Becher und Einweg-Behälter aus Styropor abzielt. Dieses Verbot greift ab dem 1. Juli 2021.

Man kann die Ausgestaltung dieser Maßnahmen kontrovers diskutieren. Es finden sich durchaus Argumente für den Vorwurf, dass das „Plastik-Bashing“ der vergangenen Jahre zu einem zu oft schlecht durchdachten Aktionismus geführt habe. Punkt ist aber auch, dass sich die Industrie in den vergangenen Jahren zu wenig an der Diskussion beteiligt und viel zu selten mit einer Stimme gesprochen hat. Nun müssen wir mit den Folgen leben. Mehr noch: Wir müssen uns auf weitere Regulierungen im Kunststoffbereich einstellen.
Der hohe Finanzbedarf durch die Covid19-Krise und den Brexit trägt sicherlich dazu bei. Schon gibt es Länder wie beispielsweise Italien, die über die EU-Steuer hinaus eine zusätzliche, nationale Abgabe auf Kunststoffverpackungen einführen wollen. Dass die neuen Finanzmittel nicht zweckgebunden für den Aufbau der Kreislaufwirtschaft oder des Kunststoffrecyclings eingesetzt werden, ist eine traurige Tatsache. Durchaus möglich, dass sich sogar bremsende Effekte einstellen, wenn beispielsweise in Ländern mit wenig Kreislaufstrukturen besonders viel nicht-recycelter Kunststoff anfällt und das Geld, das deshalb an die EU gezahlt werden muss, hinten für den Strukturaufbau fehlt.

Wer die Rechnung am Ende bezahlt, ist noch nicht ausgemacht. Das liegt letztlich im Ermessen der Nationalstaaten. Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn man hier den einfachsten Weg geht und die neuen Abgaben direkt bei der Produktion abgreift, das heißt bei den Herstellern von Kunststoffverpackungen. Diese werden die Mehrkosten dann vermutlich bei Ihren Kunden wieder reinholen wollen und diese bei ihren Kunden. Am Ende der Kette steht dann der Verbraucher. Das Argument von Umweltministerin Svenja Schulze, dass es nur gerecht sei, wenn man die Kosten für die Beseitigung des Plastikmülls künftig anders verteile und die Bürger entlaste indem man die Hersteller zur Kasse bitte, ist deshalb Augenwischerei.

Aber wie auch immer: An der Entschlossenheit der Regulierer kann es mittlerweile keinen Zweifel mehr geben. Die massive Frequenz und die hohe Geschwindigkeit, in der neue Maßnahmen beschlossen werden, ist brutal und zeugt von der Entschlossenheit. Der Weg ist aufgezeichnet. Und er wird weiterverfolgt werden. Darauf müssen wir uns einstellen.


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