Gegenwart und Zukunft: Quo vadis ESG-Berichterstattung?

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Die Bedeutung von Environmental Social Governance (ESG) in der Berichterstattung von Unternehmen steigt unaufhaltsam. Regulatoren und Investoren haben das klare Ziel, Nachhaltigkeitsrisiken unter fester Einbeziehung der ESG-Faktoren in der Berichtspflicht und dem Risikomanagement zu verankern. Das führt zu wachsenden Anforderungen, die eine Vielzahl von Praktiken und Funktionen im Unternehmen beeinflussen. Wir zeigen Ihnen, wohin die Reise geht, welche Reportings das neue Normal werden, welche Aspekte in Zukunft deutlich an Fahrt aufnehmen, was Sie beachten sollten und wie Sie profitieren können.

 

Nachhaltigkeit: Too big to allow it to fail

Die Klimakrise und ein Ressourcenmanagement, das nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist, führen zu einer Vielzahl finanzieller und materieller Risiken.

  • So hängen 20-30 Prozent des Marktwerts börsennotierter Unternehmen von der sozialkostenfreien Verbrennung fossiler Brennstoffe ab.
  • Bilanzwerte von mindestens 267 Milliarden Dollar werden global zu „Stranded Assets“, wenn das Ziel des Pariser Abkommens zur Eindämmung der Erderwärmung auf 1,5 °C nicht eingehalten wird.
  • Die Kosten durch Extremwetterereignisse wie Stürme, Dürren und Fluten wird allein 500 der global größten Unternehmen mit Klimaschäden von etwa 500 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren belasten.

Wie klar Investoren und Finanzwelt diese Risiken im Auge haben, zeigt beispielhaft ein Zitat aus Larry Fink’s „2022 Letter to CEOs“:

We focus on sustainability not because we’re environmentalists, but because we are capitalists and fiduciaries to our clients. That requires understanding how companies are adjusting their businesses for the massive changes the economy is undergoing. As part of that focus, we are asking companies to set short-, medium-, and long-term targets for greenhouse gas reductions. These targets, and the quality of plans to meet them, are critical to the long-term economic interests of your shareholders.” (Larry Fink; Blackrock)

 

Soziale Faktoren im Fokus

Zusätzlich beeinflussen soziale Faktoren die Wertentwicklung von Investitionen immer stärker. Reputationsrisiken nehmen zu. Sie sind die Folge von Verstößen oder Nachlässigkeiten gegenüber ethischen Standards, Ansprüchen an die Produktsicherheit oder der Vermeidung von produktverursachten Umwelt- und Gesundheitsrisiken.

Für Investoren, aber auch für Geschäftspartner, stellt sich deshalb zunehmend die Frage, ob und in welchem Maß sie das Risikolevel einer Firma in dieser Beziehung einschätzen können. Ist das Management adäquat auf diese „sozialen Risiken“ vorbereitet? Und hat es die richtigen Schritte zur Anpassung der Geschäftsstrategie eingeleitet?

 

Regulatoren machen Druck und wollen Transparenz

Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, Transparenz und Langfristigkeit am Kapitalmarkt zu fördern. Dazu gehört, dass alle Wirtschaftsakteure Nachhaltigkeitsrisiken offenlegen. Das schließt relevante Managementansätze genauso mit ein wie die Auswirkung von Entscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren wie beispielsweise CO2-Ausstoß oder Wasserverbrauch. Der Druck, der von dieser Zielsetzung ausgeht, richtet sich dezidiert auch an Investoren und Private Equity.

 

ESG als neuer Standard mit weitreichenden Folgen

Zur Zielsetzung der EU gehören auch klare Pläne für ESG. Environmental-, Social- und Governance-Faktoren sollen als Standard im Risikomanagement verankert werden. Die neuen Ansprüche der Regulatoren werden gemeinsam mit der wachsenden Nachfrage für nachhaltige Investitionen das Spielfeld tiefgehend beeinflussen. Betroffen sind Praktiken und Funktionen von Datennutzung über Investitionsentscheidungen, Risikomanagement, Controlling, Reporting und Back Office bis hin zum Marketing.

 

Folgen für Unternehmen der Verpackungsindustrie

Eine neue Corporate Sustainability Reporting Directive, Klimareporting und Human Rights Due Diligence-Richtlinie: Die nahe Zukunft bringt eine Reihe von neuen Anforderungen rund um Environmental-, Social-, und Governance-Faktoren.

  1. CSRD: Bereits 2014 hat die EU eine „Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung“ (Non-Financial Reporting Directive, NFRD) veröffentlicht. Sie verpflichtet große, börsennotierte Unternehmen, regelmäßig Berichte über die sozialen und ökologischen Auswirkungen ihrer Aktivitäten zu veröffentlichen. In Deutschland wurde die Richtlinie durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) in nationales Recht übersetzt. Aktuell wird die NFRD zur CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) überarbeitet. Die CSRD soll im Oktober 2022 verabschiedet werden und 2024, mit dem Berichtsjahr 2023, in Kraft treten. Im Rahmen der CSRD werden dann auch die Indikatoren der EU-Taxonomie mit abgefragt.
  2. Klimareporting: Klimareporting nach Maßgabe des Carbon Disclosure Project (CDP) und/oder nach den Empfehlungen der The Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) wird schon bald das neue Normal.
  3. Social & Governance: Der Part S (Social) und G (Governance) von ESG wurde von den Regulatoren bis jetzt etwas stiefmütterlich behandelt. Es wird jedoch deutlich, dass sich das in Zukunft ändern wird. Die Themen Einbindung von Mitarbeitenden, Arbeitsbedingungen in der Lieferkette und Ausschluss von Kinder- und Zwangsarbeit rücken rasch und immer stärker in den Vordergrund. Die Implementierung des im Juli 2021 verabschiedeten Sorgfaltspflichtengesetzes (Lieferkettengesetz) in Deutschland sowie die geplante Human Rights Due-Diligence-Richtlinie der EU werden die Entwicklung deutlich vorantreiben.

 

Die Zukunft des ESG-Berichtswesens

Die Bedeutung der ESG-Berichterstattung spiegelt sich nicht zuletzt in der großen Zahl und Vielfalt der unterschiedlichen Instrumente. Das Verständnis und die Befolgung der vielen unterschiedlichen Richtlinien kann für Unternehmen jedoch verwirrend werden. Vor allem, weil die Berichtstandards nicht nur zahlreicher, sondern auch anspruchsvoller und ausgereifter geworden sind.

Angesichts dieser ständig wachsenden Komplexität kann es zu einer doppelten Herausforderung kommen. Erst müssen die geeignetsten Rahmenwerke und Standards für die Offenlegung identifiziert werden. Danach gilt es herausfinden, wie sich diese am besten nutzen lassen, um das ESG-Profil des Unternehmens an Stakeholder zu vermitteln.

Um die Situation zu verbessern, haben die entscheidenden berichterstattenden Organisationen im Jahr 2020 eine Absichtserklärung zur „Zusammenarbeit auf dem Weg zu einer umfassenden Unternehmensberichterstattung“ vorgelegt. In diesem Papier verpflichten sich CDP, Climate Disclosure Standards Board (CDSB), Global Reporting Initiative (GRI), International Integrated Reporting Council (IIRC) und Sustainability Accounting Standards Board (SASB), die Interoperabilität von Rahmenwerken und Standards zu erleichtern.

 

Benefits der ESG-Berichterstattung 

Auf der einen Seite wird die ESG-Berichterstattung für Unternehmen zum Pflichtprogramm. Auf der anderen Seite kann die Integration der ESG-Berichterstattung in internen und externen Kommunikationsplänen für Unternehmen gleichzeitig ein leistungsfähiges Instrument beim Erringen von Wettbewerbsvorteilen sein. Führende Unternehmen aus diversen Branchen haben dies bereits erkannt.

Es sind Vorteile, die mit der Zeit wachsen – denn die Millenials spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie sind sehr „ESG-bewusst“, fassen in der globalen Wirtschaft und Gesellschaft immer mehr Fuß und werden damit zu einem wichtigen Faktor. Das gilt nicht nur bei der Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber, sondern auch bei Kaufentscheidungen, bei Investments und medialen Aktivitäten. Die Generation der Millenials legt Wert auf ESG-Faktoren und verlangt darüber hinaus auch Qualität und Konsistenz von Informationen.

 

Unsere Empfehlung

Ab 2024 werden alle Arten von Unternehmen in irgendeiner Form konsistent über ihre ESG- und Klimaaktivitäten berichten müssen. Es wird daher Zeit, sich darauf vorzubereiten. Da sich die unterschiedlichen Anforderungen dynamisch weiterentwickeln und die Etappen der Berichterstellung komplex und zeitaufwändig sind und darüber hinaus von hoher Qualität sein müssen, empfehlen wir drei grundlegende Maßnahmen. Sie gelten unabhängig davon, ob Ihr Unternehmen neu im Bereich der ESG-Berichterstattung ist oder nicht.

 

Grundlegendes Verständnis aufbauen 

Gerade weil die Zahl der Rahmenwerke ständig wächst, sollten Sie die Grundlagen der Instrumente kennen. Sie sollten wissen, wie Sie einen Mehrwert für Ihren Berichterstattungsprozess schaffen und sich dadurch von Ihren Wettbewerben abheben und bei Stakeholdern punkten können. Ratings und Indizes können Sie attraktiver machen und näher an potenzielle Investoren und Märkte heranführen.

Lohnend kann auch der Blick in die ESG-Berichterstattung anderer erfolgreicher Unternehmen sein. Wer sind die Spitzenreiter in Ihrem Segment? Wie hat sie deren ESG-Bericht in diese Position gebracht? Was in Ihrem ESG-Bericht kann verbessert werden, damit Sie ein besseres Rating erhalten? Unter diesen Leitfragen lohnt sich eine Lektüre.

 

Die ESG-Geschichte erzählen  

ESG-Berichte sind schon heute ein starkes Unterscheidungsmerkmal auf dem Markt. Überlegen Sie, welche Geschichte Ihr ESG-Bericht den Stakeholdern aktuell erzählt und welche er vielleicht noch besser erzählen könnte. Prüfen Sie Ihre Geschichte auf Chancen, die sich in eine Stärke für Ihre zukünftigen ESG-Berichte verwandeln könnten. Kennen und definieren Sie Ihre ESG-Story und damit Ihren Wettbewerbsvorteil.

 

ESG-Berichterstattung mit Kerngeschäftsstrategie verbinden

Welche Rolle spielt Ihr Unternehmen in der Welt? Trifft der Vorstand Ihres Unternehmens ESG-bewusste Entscheidungen? Bemüht sich Ihr Unternehmen um eine Verringerung des CO2-Fußabdrucks? Engagieren Sie sich an Ihrem Standort? Sind Sie in Ihrer Lieferkette kommunikativ und engagiert?

Abgesehen von der Attraktivität für Stakeholder-Investitionen und der Positionierung im Wettbewerb, spiegelt Ihr ESG-Bericht auch die Absichten Ihres Unternehmens gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft wider. Er schafft damit einen unmittelbaren Präzedenzfall. Sorgen Sie dafür, dass er positiv ist.


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    Jenny Walther-Thoß

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