Zum 1. Januar kommt die Angebotspflicht für Mehrweg

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Ab nächstem Jahr müssen Gastronomen ihren Kunden für To-Go-Getränke und Take-Away-Essen für den Transport neben Einweg- zwingend auch Mehrwegverpackungen anbieten. Wir werfen einen kurzen Blick auf die neue Situation bei Lebensmitteln und Getränken, die auch den Einzelhandel betrifft. Darüber hinaus stellen wir Ihnen die vier grundlegenden Mehrwegsysteme vor und wagen einen Blick in die Zukunft.

 

Anfang des Jahres hatten wir Ihnen bereits einen generellen Überblick zum Thema Mehrweg gegeben und vorgestellt, wie die Systeme in der Praxis eingesetzt werden. Aufgrund aktueller Entwicklungen im Gastronomiebereich greifen wir das Thema nochmal auf.

 

Das ist die neue Mehrwegangebotspflicht

Ab 1. Januar 2023 gibt es für Unternehmen die Mehrwegangebotspflicht. Abschnitt 7 des VerpackG (hier als pdf) definiert unter der Überschrift „Minderung des Verbrauchs bestimmter Einwegverpackungen“ in § 33 die Pflicht zu „Mehrwegalternativen für Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und Einweggetränkebecher“.

  • Restaurants, Cafés, Kantinen, Lieferservices, Cateringbetriebe aber auch Lebensmitteleinzelhändler, die Lebensmittel zu Verzehr außer Haus anbieten, und diese in Kunststoffverpackungen direkt anbieten, müssen ihren Kunden und Kundinnen das Angebot machen, auf eine Mehrwegverpackung umzusteigen.
    • Das Angebot muss nur gemacht werden, wenn das Abpacken des Produktes auf Kundenwunsch durchgeführt wird, quasi vor Augen des Kunden und nicht, wenn das Produkt vorverpackt verkauft wird.
  • Ausnahmen gibt es unter anderem für Betriebe, die keiner Kette angehören und kleiner als 80 qm sind bzw. weniger als 5 Vollzeitmitarbeitende haben.

Auch weniger als zwei Monate vor dem Inkrafttreten der Mehrwegangebotspflicht gibt es noch einige Unklarheiten zur Gesetzeslage, die nicht geklärt sind. So sind Teile von § 33 und § 34 nicht ausreichend klar formuliert und berücksichtigen die Komplexität der Praxis und die Vielfalt der Angebots- und Abgabeformen nicht ausreichend.

 

Zielsetzung der neuen Pflicht

Die neue Pflicht, Kundinnen und Kunden die Möglichkeit zu geben, To-Go-Getränke und Take-Away-Essen auch in Mehrwegsystemen verpacken zu lassen, zielt auf die Verringerung der Abfallmenge im Außer-Haus-Bereich.

Nach Angaben des Nabu fielen 2017 jährlich rund 280.000 Tonnen Verpackungsabfälle im Zusammenhang mit To-Go-Speisen und -Getränken an. Diese Zahl dürfte angesichts des mit Corona gestiegenen Absatzes im Außer-Haus-Bereich inzwischen höher liegen.

 

Lebensmittel

Bei Lebensmitteln gilt die Mehrwegangebotspflicht ausschließlich für Unternehmen, die Einweg-Verpackungen anbieten, die ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehen. Ein prominentes Beispiel sind Boxen aus Kunststoff. Unklar ist derzeit noch, wie das „Bestehen aus Kunststoff“ genau definiert wird. Gilt es beispielsweise für Pappboxen, die mit einer Kunststoff-Beschichtung versehen sind?

 

Getränke

Bei Getränken gilt die Mehrwegangebotspflicht grundsätzlich und materialübergreifend für alle Einwegbecher. Sprich: Alle Unternehmen, die To-Go-Getränke verkaufen, müssen eine Mehrwegalternative anbieten.

 

Mehrwegsysteme im Überblick

In Deutschland haben sich bereits unterschiedliche Mehrwegsysteme etabliert. Sie kommen insbesondere in größeren Städten und urbanen Räumen zum Einsatz. Covid-19 und die pandemiebedingte Schließung der Gastronomie haben Nachfrage und Lieferaufkommen im Bereich der To-Go- und Außer-Haus-Lebensmittel gesteigert und grundsätzlich noch stärker etabliert.

Prinzipiell unterscheidet man zwischen vier Mehrweg Systemen:

  1. Individualsystem: Kundinnen und Kunden bringen eigene Gefäße mit, die vom Gastronomiebetrieb befüllt werden.
  2. Inselsystem: Der Gastronomiebetrieb hat ein eigenes System an Mehrweggefäßen, das von ihm beschafft, befüllt, und zurückgenommen wird.
  3. Verbundsystem: Mehrere Gastronomiebetrieben haben gemeinsam ein eigenes System an Mehrweggefäßen, die im Verbund beschafft, befüllt, und zurückgenommen werden
  4. Poolsystem: Ein Systembetreiber stellt die Gefäße zur Verfügung und bieten Unterstützung bei der Abwicklung und Ausgabe an. Poolsysteme sind stark verbreitet, da sie für die Gastronomie den geringsten Aufwand verursachen.

 

Im Fokus: Poolsysteme

Speziell bei den Poolsystemen gibt es derzeit viel Bewegung und Innovationskraft und neue Anbieter sorgen für immer mehr neue Lösungen.

Zu den Platzhirschen bei den Mehrweg-Poolsystemen gehören recup / Rebowl, CupforCup, Faircup und Vytal. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Breite des Angebotes. Während einige nur Bechersysteme anbieten, bieten (zunehmend mehr) darüber hinaus auch Schalen (z.B. „Rebowl“) und Boxen an.

Zu den neuen Anbietern, die neue Innovationen bringen gehören

  • Die entwickelten PFAndBOxen werden nach eigenen Angaben nachhaltig in Deutschland produziert. Die Boxen gibt es in zwei Größen. Im Vergleich zu anderen Lösungen sind sie nach PFABO-Angaben auslaufsicher.
  • Das Berliner Start-up 1Less hat ein innovatives Reuse System kreiert, dass mit RFID-tags und einem Smarten Rückgabesystem arbeitet. Jede Verpackung hat ihre eigene ID und kann theoretisch 800 bis 1000 verwendet werden. Die „smarten Rückgabesysteme“ können an unterschiedlichsten Orten leicht platziert werden und erkennen die zurückgegebene Verpackung dank der RFID Technologie. Wie auch bei Vytal arbeitet das System unter Verwendung einer IoT-Plattform und der kundenseitigen Nutzung einer App.

Erste Erfahrungen zeigen, dass bestimmte Rahmenbedingungen die Akzeptanz steigern.  Dazu gehören in erster Linie eine hohe System-Convenience durch viele Rücknahmestellen und eine akzeptable Pfandhöhe.

 

Gewinner und Konsumenten

Es ist zu erwarten, dass Poolsysteme mittelfristig einen Großteil des Mehrweg-Behältermarktes für Take-away-Speisen und -Getränke ausmachen werden. Die Pools mit ihren vielen Rücknahmestellen sind den Insel- oder Verbund-Mehrwegsystemen in der Regel sowohl ökologisch als auch ökonomisch überlegen.

Anfangs wird die Vielzahl der Pool-Anbieter weiter steigen. Schließlich aber wird sich im Hinblick auf Effizienz und Nachhaltigkeit ein System als Gewinner durchsetzen.

Es gibt eine Reihe Studien, die zeigen, dass die Akzeptanz und Nachfrage nach Mehrweglösungen auch unter den Konsumentinnen und Konsumenten steigt. Selbst der damit verbundene Mehraufwand wird (zumindest in Umfragen) in Kauf genommen.

Der Kundenwunsch wird gemeinsam mit dem Gesetz zur Mehrwegangebotspflicht dafür sorgen, dass der Markt für Mehrwegbehälter weiter steigt. Abfall- und Müllvermeidung stehen dabei im Fokus und wirken als verlässlicher Treiber.


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