Interpack-Comeback: Nach langer Pause noch immer Simply Unique?

Messe Düsseldorf / ctillmann

Interpack ist, wenn sich die globale Verpackungsindustrie in Düsseldorf trifft, wenn Innovationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette präsentiert und die Top-Trends der Branche diskutiert werden, wenn Packmittel und Packstoffe, Verpackungsmaschinen und verwandte Prozesstechnik im Fokus stehen. Aber stimmt das nach sechs Jahren Pause noch? Löst die interpack nach Krisen und Zeitenwende weiterhin ihren Anspruch ein, als globale Leitmesse und Impulsgeber für die Zukunftsthemen der Branche „simply unique“ zu sein?

 

Normalerweise findet die interpack alle drei Jahre statt. Nach 2017 wären wir also 2020 wieder nach Düsseldorf „gepilgert“. Doch Corona machte dem üblichen Rhythmus einen Strich durch die Rechnung, so dass sechs Jahre bis zur nächsten interpack vergingen. Dazwischen lag eine weltweite Pandemie mit lahmgelegten Häfen, gestörten Lieferketten, Versorgungsengpässen, der Überfall Russlands auf die Ukraine, explodierende Rohstoff- und Energiekosten, Inflation – und das vielfach zitierte Fazit einer „Zeitenwende“. Was hat das mit der interpack gemacht?

 

Schauen wir auf zuerst auf die Zahlen:

  • 807 Aussteller zählte die interpack 2023. Sechs Jahre zuvor waren es 2.865. Der Rückgang ist marginal.
  • 143.000 Besucher passierten die Messetore 2023. 2017 waren es noch 170.500 Besucher. Hier ist der Schwund doch sehr deutlich.
  • Zwei von drei Besucher kamen dieses Jahr aus dem Ausland. 2017 waren es noch drei von vier. Die interpack 2023 war also deutlich weniger international.
  • 75 Prozent der Besucher gehörten 2023 zur mittleren und oberen Führungsebene. 2017 waren es 74 Prozent. Kaum Veränderung an dieser Stelle.
  • Über 1.000 Aussteller präsentierten sich alleine im Bereich Packstoffe und Packmittel. Das ist ein neuer Rekord – zumindest in Bezug auf die reine Zahl, denn der genauere Blick zeigt große Lücken.

 

Blick auf Packstoffe und Packmittel

Viel Quantität trifft fehlende Vielfalt. Schaut man auf die gezeigten Packmittel der interpack 2023 fällt auf:

  • Glasverpackungen: Führende Europäische oder gar führende globale Aussteller waren so gut wie nicht vertreten
  • Metallverpackungen: Führende Europäische oder gar führende globale Aussteller im Bereich Primärverpackung waren so gut wie nicht vertreten.
  • Rigid Plastic: Führende Europäische Aussteller oder gar führende globale Aussteller waren bis auf wenige Aussteller im Bereich Becher- und Verschlusshersteller kaum vertreten.
  • Flexible Packaging: Führende Europäische oder gar führende globale Aussteller waren im Bereich Primärverpackung nicht vertreten.
  • Wellpappverpackungen und Faltschachtel: Nur im Bereich Faltschachtel eine relevante Anzahl von relevanten Unternehmen vertreten, aber vorzugsweise aus dem Nicht-Europäischen Ausland
  • und so weiter und so fort.

Was Innovationen angeht: Ja, die gab es – und zwar vorwiegend im Bereich der faserbasierten Packmittel, die neue Lösungen aus Kunststoff in den Schatten stellten.

 

Dominanz des Maschinenbaus

Bleibt der extrem starke Verpackungsmaschinenbau mit den dazugehörigen Automatisierern und den Lieferanten von Komponenten. Ihre Dominanz als größte Ausstellergruppe auf der Messe ist sicherlich nicht zufällig, stellt der Bereich aktuell doch DIE Zugmaschine der gesamten Verpackungsindustrie dar. Das belegen nicht zuletzt die pünktlich zur interpack vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) präsentierten positiven Zahlen.

So konnten Nahrungsmittel und Verpackungsmaschinen auch im schwierigen Jahr 2022 einen Produktionszuwachs von sieben Prozent auf 15,8 Milliarden Euro allein am Standort Deutschland verzeichnen. Damit übertraf der viertgrößte Fachzweig des nationalen Maschinen- und Anlagenbaus sein Vorkrisenniveau von 2019 um 500 Millionen Euro. Knapp die Hälfte des Umsatzes entfiel 2022 auf Verpackungsmaschinen.

 

Nachhaltige Verpackungstechnologien

Auch mit Blick auf Innovationen zeigte sich der Maschinenbau vergleichsweise sehr gut aufgestellt. Auch das ist natürlich kein Zufall, wie sich den Worten des VDMA-Geschäftsführers Richard Clemens entnehmen lässt: „Viele Unternehmen der Konsumgüterindustrie haben sich eigene Nachhaltigkeitsziele gesetzt. Den Unternehmen des Verpackungsmaschinenbaus ist es in den letzten Jahren gelungen, die Umsetzung nachhaltiger Verpackungskonzepte durch entsprechende technische Anpassungen und neu entwickelte Maschinenlösungen zu ermöglichen.“

Ein Beispiel aus dem Bereich der Verarbeitung nachhaltiger Material ist die Firma Uhlmann. Sie zeigte auf der Messe, wie PVC-verarbeitende Maschinen mit einem Rebuilt auf PP umgestellt werden können.

Zwei Beispiele für aus dem Bereich Klimaschutz finden sich bei Romaco und Syntegon. Wie andere Unternehmen auch, achten sie vermehrt auf den CO2-Fußabdruck den ihre Maschinen sowohl bei der Herstellung, als auch später im Betrieb beim Kunden verursachen. Dabei geht es nicht nur um Transparenz und Monitoring, sondern um die konkrete Reduzierung von Klimaemissionen.

 

Strategische Ausrichtung und Start-ups

Die strategische Ausrichtung der interpack auf die vier Hot Topics Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung, Digitalisierung und Produktsicherheit ließ sich nicht durchgängig beobachten. Die Dominanz des Themas Nachhaltigkeit mit seinen Aspekten Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung und vor allem Klimaschutz war mehr als auffällig.

Ein erfreulicher Aspekt der interpack war die Präsenz zahlreicher Start-Ups. Sie stellten eine echte Bereicherung da und gaben oft gute Beispiele, wie Digitalisierung das Thema Nachhaltigkeit in Zukunft wirkungsvoll unterstützen kann.

 

Fazit

Ja, die interpack ist immer noch einzigartig und der Messebesuch zweifelsohne ein großer Gewinn – was nicht zuletzt an den vielen persönlichen Kontakten liegt.  Hier kann wohl fast jeder die positive Aussage der Messe unterschreiben, wonach über 96 Prozent der Besucherinnen und Besucher ihr Messeziel nach eigenen Angaben erreicht haben.

Als Manko und Impuls für 2026 bleibt die Erkenntnis, dass der eigene Anspruch der interpack, die gesamte Wertschöpfungskette zu vertreten, nicht erreicht wurde. Hier sollten sich die Messeverantwortlichen Gedanken machen, wie man das beim nächsten Mal besser hinbekommt.


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