100 Prozent recyclingfähig! Was ist dran und wo geht es hin?

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Im fünften Beitrag unserer Reihe zur Ellen MacArthur Foundation (EMF) beleuchten wir das Thema vollständig recycelbarer Verpackungen. In den meisten Unternehmen spielt Recyclingfähigkeit im Vergleich zu Wiederverwendbarkeit oder Kompostierung die mit Abstand dominierende Rolle. Wir schauen, wohin der Trend bei den Materialien geht, wer sich besonders profiliert, was die Regulierer planen und warum wir uns trotz aller Erfolgsmeldungen nicht zu früh freuen dürfen. Spoiler: Die Masse ist noch auf dem falschen Weg.

 

Die Mitglieder der Ellen MacArthur Foundation haben sich das Ziel gesetzt, bis 2025 nur noch Kunststoffe einzusetzen, die zu 100 Prozent wiederverwendbare, recycelbare oder kompostierbare sind.

Im Jahr 2020 lag diese Quote bei knapp 65 Prozent (2019: 60 Prozent). Den größten Teil davon machten recyclingfähige Verpackungen aus (64 Prozent). Lediglich 2 Prozent aller eingesetzten Verpackungen waren wiederverwendbare, nur weniger als 0,02 Prozent kompostierbar.

 

Recyclingfähigkeit

Eine „Recyclingfähigkeit“ wird von unterschiedlichen Institutionen zertifiziert und das EPR-System „Grüner Punkt“ bietet sogar bereits ein Label dazu an. Trotzdem ist der Begriff an sich europaweit noch nicht einheitlich definiert. In der praktischen Umsetzung hängt zudem alles an der zum Teil recht unterschiedlichen lokalen Infrastruktur und den jeweils angewandten Sammel-, Sortier- und Recyclingtechnologien.

Dessen ungeachtet, spielt das Thema der Recyclingfähigkeit für viele Unternehmen weiterhin die dominante Rolle. Insbesondere im Lebensmittelbereich haben einige Verpackungsunternehmen bereits die 100-Prozent-Quote im Hinblick auf Recyclingfähigkeit erreicht. Bevorzugte Strategien sind die Verwendung von Monomaterialien; gemeinhin PP, PE und PET.

 

Monomaterialien im Trend

Bei der Verbesserung der Recyclingfähigkeit durch Monomaterialien wurden im Bereich der flexiblen Verpackung zunächst PET-basierte Monofolien favorisiert. Aktuell geht der Trend bei flexiblen Form-Fill-Seal-Anwendungen (FFS) eher zu PP-basierten Monomaterialien, gefolgt von PE-basierten. Da sowohl PET, PP als auch PE-basierte Lösungen zunehmend mit recyclingfähigen Barrieren ausgestattet werden, ist mittelfristig auch ein Ausstieg aus Aluminium vorstellbar.

 

(Handels)marken pushen

Besonders die großen Handelsmarken verfolgen das Ziel einer 100-prozentigen Recyclingfähigkeit.

  • Aldi Süd hat die „Recyclingfähigkeit bei allen Verpackungen bis 2022“ für Eigenmarken verkündet.
  • Lidl will „bis 2025 100 % der Eigenmarkenverpackungen maximal recyclingfähig machen“.
  • Aber auch Marken sind gut im Rennen. So hat Nestlé in Deutschland nach eigenen Angaben bereits eine 97-prozentige Rezyklierbarkeit erreicht und will bis 2025 auf 100 Prozent kommen. Ein Beispiel für die Bemühungen ist die Umstellung der Smarties-Rolle. Früher eine Kombination aus Karton für den Rollenkörper und Kunststoff für den Verschluss, hat Nestlé auf eine reine Kartonlösung umgestellt.

 

Verpackungsbeispiele für Recyclingfähigkeit

  • Rigid Packaging: Hier hat die Umstellung in vielen Bereichen schon stattgefunden. Beispiele sind Becher im Lebensmittelbereich.
  • Flexible Packaging: Hier hat beispielsweise Werner & Mertz mit seiner Marke Frosch seine Stand-up Pouches auf Mono-PE-Material umgestellt (das zu 100 Prozent aus der haushaltsnahen Sammlung stammt).

 

Auch Regulierer pushen

Auch anstehende gesetzliche Regelungen forcieren den Trend in Richtung Recyclingfähigkeit. Zentral ist beispielsweise der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft im Rahmen des „Green Deals“ der EU. Er ist im vierten Quartal 2021 in Kraft getreten und schreibt ab 2030 die ausschließliche Verwendung wiederverwendbarer oder recycelbarer Produkte vor.

 

Die Masse ist (noch) auf dem falschen Weg

Man sollte sich von den bereits erreichten, hohen Werte der EMF-Mitglieder in Bezug auf die Recyclingfähigkeit nicht täuschen lassen. Es handelt sich dabei um Frontrunner, die (noch) nicht repräsentativ für die gesamte Branche stehen. Auch die vermehrten Frohlockungen auf relevanten Messen und aus den Kommunikationsabteilungen können leicht einen falschen Eindruck erwecken.

Denn die Masse des Marktes ist bis heute noch nicht auf dem richtigen Weg. Und dabei wird es leider auch bleiben, solange es an klaren Spezifikationen und Definitionen fehlt. Denn die braucht es, um das Thema markt-, branchen- und segmentübergreifend zum Durchbruch zu verhelfen. Es bleibt also noch viel zu tun.


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