Unter den vielen atemlosen EU-Regulierungen mit Verpackungsbezug ragte 2023 die PPWR heraus, auch wenn die Konkurrenz groß war (siehe im Bereich „Nachhaltigkeit“ dieses Newsletters). In diesem Beitrag wollen wir schauen, warum die Packaging and Packaging Waste Regulation eine der am meisten lobbyierten Gesetzesinitiativen in der Geschichte der EU wurde. Und wir schauen voraus, wie es mit der PPWR 2024 weitergehen wird. Aus aktuellem Anlassen starten wir aber mit einer „Breaking News“: Die Einführung der Plastiksteuer.
Die Plastiksteuer kommt (sofort)
Es war ein Paukenschlag zum Jahresende: Am 13. Dezember 2023 hat die Bundesregierung angekündigt, eine Kunststoffabgabe für Unternehmen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr einzuführen, um das Haushaltsloch 2024 zu stopfen.
Noch ist völlig unklar, wer wie viel und wofür zahlen wird. Unklar ist auch, ob es sich um eine Steuer oder eine andere Form der Abgabe handelt. Erschwerend kommt hinzu, dass ab dem 1. Januar 2024 eine (bereits zuvor beschlossene) Sonderabgabe auf Einwegkunststoffe zur Umsetzung der europäischen Single-Use Plastic Directive (SUPD) erhoben wird.
Aus ökologischer Sicht ist die geplante pauschale Kunststoffabgabe eher nicht sinnvoll, da sie den Trend zu schwer recycelbaren Papier-Kunststoff-Verbundverpackungen massiv fördern wird.
Wir werden Sie über die Pläne und Maßnahmen zur Umsetzung der neuen Plastiksteuer auf dem Laufenden halten.
Die PPWR: Das heißeste Thema in der EU
Der heißeste politische Kampf in Brüssel ist derzeit die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle, besser bekannt unter Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR). Die Gesetzesinitiative, die im November 2022 veröffentlicht wurde, zielt darauf ab, den Trend zu immer mehr Verpackungsabfällen in Europa zu stoppen und umzukehren. Dies ist ein Ziel, dem die meisten Menschen leicht zustimmen können. Über die Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist man sich jedoch noch lange nicht einig.
Unter allen Regulierungen des Jahres 2023 wurde die PPWR am meisten diskutiert. Das Thema Verpackung rückte in den Mittelpunkt der EU-Politik. Es wird sogar behauptet, dass die PPWR eine der am meisten lobbyierten Gesetzesinitiativen in der Geschichte der EU ist. Warum ist das so?
Verpackungen sind überall, und deshalb wird um sie gekämpft
Verpackungen sind in unserem Leben und in unserem Alltag omnipräsent. Es geht gar nicht anders, denn ohne Verpackung hätten wir nicht nur nichts zu essen, wir stünden komplett blank da, genau wie die Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Damit ist auch wenig verwunderlich, dass sich unser tägliches Leben verändern wird, wenn es Änderungen in der Verpackungsgesetzgebung gibt.
- Als Verbraucherin stellt, geht es unter anderem darum, wie recycle ich, wie konsumiere ich und wie werden Produkte an mich vermarktet? Unsere Konsumgewohnheiten werden umgestaltet, wenn die Menge an Einwegverpackungen reduziert und die Verwendung von Mehrwegverpackungen, beispielsweise beim Einkaufen in Cafés, gefördert wird.
- Auf Unternehmensebene werden sich die regulatorischen Änderungen auf eine breite Palette von Branchen auswirken, von Luxusgüterherstellern bis zu Fastfood-Restaurants und von Forstunternehmen bis zu Online-Händlern. Die Änderungen betreffen Prozesse und Produkte, aber auch Strukturen und Aufwände, denn sie sind grundsätzlich von einem Plus an Bürokratie und Verwaltung verbunden.
Wie bei allen Gesetzesinitiativen, die uns direkt betreffen, werden die Änderungen sowohl positive als auch negative Reaktionen hervorrufen. Die Interessen der EU-Mitgliedstaaten sind sehr unterschiedlich. So gibt es beispielsweise anhaltende Kämpfe um nationale Recycling- und Abfallprogramme. Es gibt auch einen Kampf zwischen den Materialien: Wird zum Beispiel in Zukunft mehr Kunststoff für Verpackungen verwendet oder wird man sich häufiger für faserbasierte Lösungen entscheiden?
Wiederverwenden oder recyceln – das ist das Problem
Die größte Kontroverse innerhalb der vielfältigen Diskussionen rund um die PPWR betrifft das Thema Einwegverpackungen. Es folgt auf die 2019 in Kraft getretene Richtlinie über die Verwendung von Einwegkunststoffen (SUPD), deren Ziel die Reduzierung von Kunststoffabfällen ist.
Die Kommission und einige Interessengruppen argumentieren, dass Recycling allein nicht ausreicht, um Verpackungsabfälle zu reduzieren, und dass wiederverwendbare Verpackungen erforderlich sind, um Einwegverpackungen zu ersetzen. Die Nachhaltigkeit der Wiederverwendung wurde jedoch in Frage gestellt, unter anderem mit dem Hinweis auf den höheren Wasser- und Energieverbrauch und die benötigte Kunststoffmenge.
Konkret wird über Themen wie:
- ein Verbot von Einwegverpackungen für Dine-in-Restaurants,
- die Zukunft von Karton bei Transportverpackungen,
- ein Verbot von Miniatur-Shampooflaschen in Hotels,
- die Verpflichtung zur Verwendung von recyceltem Material in Verpackungen,
- die Einstufung von Materialien nach ihrer Recycelbarkeit und
- die Einführung von Pfandflaschensystemen in Europa auf breiter Basis diskutiert.
Eine Reihe von Entscheidungen über verschiedene Details wurden auf einen sehr viel späteren Zeitpunkt verschoben. So ist anzunehmen, dass beispielsweise Leitlinien für die Gestaltung von Verpackungen, die festlegen, was als recycelbar gilt, erst in einigen Jahren vorliegen.
Wie geht es mit der PPWR weiter?
Am 18. Dezember hat der Europäische Rat seine Position zum PPWR-Vorschlag der EU-Kommission festgelegt. Das bedeutet, dass alle am Trilog Beteiligten ihren Standpunkt dargelegt haben und die endgültigen Verhandlungen beginnen können.
Angestrebt wird, in den ersten Monaten des Jahres 2024 eine politische Einigung über die Verordnung über Verpackungsabfälle erzielen, damit das scheidende Parlament Zeit hat, die Rechtsvorschriften vor Beginn des Wahlkampfs zu verabschieden – die Deadline ist der 18. April 2024 – bis dahin bleibt es jedenfalls spannend was die PPWR betrifft.
Anfang Juni wird dann bei den Europawahlen das nächste Europäische Parlament gewählt.
Wie geht es mit der Verpackung weiter – und mit Ihnen?
Sicher ist, dass es weiterhin Verpackungen geben wird, da die Notwendigkeit, verschiedene Produkte während des Transports, des Verkaufs, der Lagerung und der Verwendung zu schützen, nicht verschwinden wird.
Sicher ist auch, dass sich die Verpackung aufgrund von Gesetzesänderungen in vielerlei Hinsicht verändern wird. Antworten auf die meisten der derzeit offenen Fragen werden im Laufe des Jahres 2024 (hoffentlich) vorliegen.
Wie wir in unserem Beitrag zum Thema „Innovation“ weiter darlegen, müssen (und sollten) Sie das finale Ergebnis angestoßener Regulierungen nicht abwarten. Die Grundrichtung steht meist fest und es gilt, keine Zeit zu verschwenden.
Im Bereich Nachhaltigkeit dieses Newsletters sagen wir Ihnen, was 2024 deshalb unbedingt auf Ihrem Workplan stehen sollte.