Wie wirkt sich die PPWR auf die Verpackungsindustrie aus?

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Durch die Einigung zwischen Parlament und Council am 04.03.2024 steht die neue Packaging and Packaging Waste Regulation vor den Toren. Mit dem laufenden, finalen Trilog-Verfahren klopft sie bereits an die Tür. Auch, wenn sie den Raum noch nicht endgültig betreten hat: Die grundsätzlichen und bereits länger laufenden gesellschaftlichen Debatten und Trends sind bereits gültig. Wir zeigen Ihnen wo die neue Verpackungsverordnung die Kräfte aufgreift und verstärkt. Von der Kreislaufführung von Ressourcen (reale Recyclingfähigkeit, Paperisation, Barrieren, Rezyklateinsatzquoten) bis zur Reduktion des Verpackungsverbrauchs (Overpackaging und Minimalisierung), Nachhaltigkeit und intelligenten Verpackungen.

 

Kreislaufführung von Ressourcen

Das erste große gesellschaftliche und politische Ziel, das die PPWR aufgreifen und verstärken wird, ist die Kreislaufführung von Ressourcen.

 

Reale Recyclingfähigkeit aller Verpackungen

  • Unbestritten und an erster Stelle steht für die Kreislaufführung der Ressourcen die Notwendigkeit, dass alle Verpackungen in dem Land, in dem sie von Endverbrauchern verwendet werden, recycelt werden können. Verpackungen, die dieses Kriterium nicht erfüllen, werden spätestens 2030 nicht mehr marktfähig sein!
  • Das gilt nicht nur für Europa, sondern für viele globale Märkte. Dazu gehören auch die USA, wo Colgate gerade dafür verklagt wird, dass es seine Zahnpasta-Kunststoff-Tube als „recyclingfähig“ bezeichnet, obwohl sie von einer Mehrzahl der Recyclinganlagen in den USA nicht akzeptiert wird.
  • Das Gebot der hohen und faktischen Rezyklierbarkeit verstärkt Untertrends wie beispielsweise
    • weniger Lacke und Farben, Klebstoffe, etc.,
    • Reduzierung von Metallisierungen,
    • Umstellung auf Monomaterialien und
    • Grundsätzlich Reduzierung von allem, was den Recyclingprozess stören könnte.

 

Paperisation und Reduzierung von Kunststoff

Man kann sich fragen, ob der Mega-Trend der Substitution von Kunststoff durch Papier bzw. faserbasierte Packstoffe immer sinnvoll ist, oder nicht. Ohne Frage ist, dass Paperisation ein wichtiger Trend ist, den die PPWR durch zwei politische Ziele verstärkt:

  1. die Recyclingfähigkeit in den meisten Märkten und
  2. verpflichtende Rezyklateinsatzquoten
    • sowohl im Food als auch im Non-Food-Bereich und
    • sowohl für PET als auch für andere Kunststoffe.

Rezyklateinsatz

Die Kunststoffindustrie hat klar benannt, dass eine ausreichende und qualitätsvolle Belieferung des Marktes mit den notwendigen Mengen an Rezyklat eine große Herausforderung ist. (Lesen Sie hier unseren Fokusartikel zum Thema Preiskampf und Zukunftssorgen bei Rezyklat).

Verpflichtende Rezyklateinsatzquoten eröffnen einerseits Geschäftsmöglichkeiten im Segment Recycling. Andererseits birgt der Einsatz von Rezyklat Risiken, die manche Unternehmen mit einer Substitution zu Papier umgehen oder abmildern möchten (denn natürlich hat Papier seine eigenen Risiken und Herausforderungen).

 

Barrieren

Im Rahmen Paperisation-Trends sehen wir sehr deutlich eine hohe Innovationskraft im Bereich der Barrierepapiere, die für viele Produkte Voraussetzung für den Ersatz der Kunststoffverpackung sind.  (Siehe zum Thema Barriere auch den Fokusartikel in diesem Newsletter).

Auch hier eröffnen sich ein großes Innovationspotential und neue Geschäftsmöglichkeiten. Es bleibt jedoch noch immer eine große Herausforderung, Lösungen zu finden, die das Ziel des Super-Trend 1 (Reale Recyclingfähigkeit) wirklich erreichen und dabei gleichzeitig die notwendigen Barriereanforderungen für unterschiedlichste Anwendungen gewährleisten.

 

Reduktion des Verpackungsaufkommens

Das zweite große gesellschaftliche und politische Ziel ist die Reduktion. Als Verpackungsindustrie sollten wir uns an diesem Punkt nichts vormachen: Die Reduktion des Verpackungsaufkommens und des Verpackungsmülls ist ein klares gesellschaftliches und politisches Ziel. Das gilt nicht nur national und europäisch, sondern – mal mehr, mal weniger stark – global. Die Verpackungswirtschaft ist dabei nicht das einzige Ziel des Mega-Trends zur Reduktion. Auch die Textil- oder die Elektrobranche haben ein gesellschaftliches Müll-Problem.

 

Alle Packstoffe betroffen

Kunststoff war und ist nur das erste Material im Reduktions-Fokus. In der Einwegkunststoff-Richtlinie (Single-Use-Plastics-Richtlinie; SUPD) sind bereits Reduktionsziele festgelegt, und die PPWR definiert nun klare Ziele zur Reduzierung des gesamten Verpackungsmülls. Es geht also über Kunststoff hinaus, auch wenn es hier gesonderte Kunststoffabfall-Quoten je Mitgliedsland gibt.

 

Overpackaging und Minimalisierung

Das Vermeiden von „zu viel Verpackung“ und die Minimalisierung der notwendigen Verpackung zahlen als Trend-im-Trend auf die Reduktion des Gesamt-Verpackungsaufkommens ein.

  • Overpackaging wird von immer mehr Verbrauchern als negativ angesehen und ist ein beliebter Kritikpunkt. Ausnahmen gibt es dort, wo bei speziellen Produkten die Unboxing-Experience ein wichtiger Teil des Produkterlebens ist.
  • Minimalisierung geht über das reine „weniger Materialaufwand“ hinaus und betrifft auch das Design der Verpackung. Es wird minimaler, klarer, reduziert sich auf das Notwendige – und zahlt damit auch auf die Recyclingfähigkeit und die Kreislaufführung von Ressourcen ein.

Overpackaging und Minimalisierung sind nichtdiskriminierende Trends in dem Sinne, dass sie über Kunststoff hinausgehen und alle Packstoffe umfassen. Entsprechend sehen wir materialagnostisch Minimierungsansätze und Commitments. Ein aktuelles Beispiel ist die Reduktion des Papiereinsatzes, wie beispielweise der Verzicht von Tesco auf die Verwendung von Papprolle bei seiner Aluminium-Haushaltsfolie.

 

Das große Überthema: Nachhaltige Verpackung

Ihre Heimat finden die großen Ziele und die damit einhergehenden Trends der Kreislaufführung, Ressourcenschonung und der Reduktion des Verpackungsverbrauchs im Mega-Trend der nachhaltigen Verpackung.

Weniger Verpackung bedeutet weniger Materialverbrauch. Gute faktische Recyclingfähigkeit heißt bessere Ressourceneffizienz. Beides führt zu weniger Treibhausgasemissionen, einem besseren Carbon Footprint, einem geringeren Einsatz von (Primär)Rohstoffen und Ressourcen und so weiter und so fort.

 

Nur touchiert: Die intelligente Verpackung

Nur indirekt durch die PPWR gefördert wird der Trend zur intelligenten Verpackung. Er soll an dieser Stelle trotzdem genannt sein. Denn der Einsatz von KI und anderen Spielarten der Digitalisierung fördert nicht nur den direkten Austausch der Verpackung mit insbesondere der jüngeren Verbrauchergeneration. Er kann darüber hinaus auch wichtige Informationen für einen intelligenten, effizienteren Recyclingprozess transportieren. Dieses Ziel hat auch das einheitliche Labelling-System der EU, das im Rahmen der PPWR gestärkt wird.

 

So nutzen Sie Trends und politische Zielsetzungen

Es sind spannende Zeiten für die Verpackungsindustrie, ob man das nun schätzt oder nicht. Sicher ist, dass sich große Chancen für Unternehmen bieten, welche die Herausforderungen annehmen, aktiv gestalten und in ihrem Geschäftsmodell auf die Opportunitäten schauen.

 

Als B+P helfen wir Ihnen gerne, Ihr Produktportfolio und Ihre Produktstrategie auf die neuen Trends einzustellen.


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    Jenny Walther-Thoß

    walther-thoss@bp-consultants.de